Proben zur Premiere in Düsseldorf „Der Zauberberg“ auf der Bühne
Düsseldorf · Wolfgang Michalek führt seine erste Regie am Schauspielhaus. Mit Beret Evensen schrieb er die Bühnenfassung zu „Der Zauberberg“.
Wer eine derart komplexe Vorlage wie Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“ zu einem Theaterstück umformen will, braucht eine klare Sicht auf die Handlungsstränge und ein sorgsam strukturiertes Konzept. Der Schauspieler Wolfgang Michalek und die Dramaturgin Beret Evensen haben sich an den überbordenden Stoff gewagt. Auf die Bühne gebracht wird er mit den acht Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, die derzeit im Schauspielstudio des Düsseldorfer Theaters erste Berufserfahrungen sammeln. Am 16. März hat „Der Zauberberg“ in der Inszenierung von Wolfgang Michalek Premiere im Kleinen Haus.
Der Schauspieler ist seit 2018 Mitglied des Ensembles und derzeit in schwergewichtigen Rollen zu sehen: als zaudernder Major von Tellheim in „Minna von Barnhelm“, als zwielichtiger Graf Leicester in „Maria Stuart“. Gemeinsam mit Dramaturgin Janine Ortiz leitet er das Schauspielstudio. Am Stuttgarter Theater, wo er zuvor engagiert war, hat Wolfgang Michalek mehrfach Regie geführt, dies ist nun seine erste in Düsseldorf.
Die „Zauberberg“-Idee keimte schon vor Corona bei ihm auf und wurde im Lockdown wieder verworfen. „Je länger er dauerte, desto weniger konnte ich mir das Stück vorstellen“, sagt er. Aber der Stoff ließ ihn nicht los. Michalek nutzte die Zeit für eine intensive Beschäftigung mit dem Roman, den er auf acht Hauptfiguren zuspitzte. Als die Leipziger Studierenden mit einem Jahr Verspätung in Düsseldorf eintrafen, hatte sich sein Plan verfestigt, das Stück mit einer Gruppe junger Leute zu inszenieren. Im Spätsommer machten sich Michalek und Beret Evensen an die „Zauberberg“-Fassung.
Wie nähert man sich einem solchen Werk? „Egal, bei welchem Klassiker man einen Zugriff sucht, er geschieht immer auf gleiche Weise“, erläutert die Dramaturgin: „Man ordnet die dramatischen Stränge, setzt Schwerpunkte und überlegt, welchen Bogen man schlagen will. Klar, zunächst ist es eine Überforderung, aber immer eine lustvolle. Man wirft sich rein und weiß genau, dass es ein langer Prozess wird.“
Themen wie Liebe, Krankheit und Tod ließen sich leicht zuordnen
Themen wie Liebe, Krankheit, Tod habe er leicht zuordnen können, sagt Wolfgang Michalek: „Dann sind wir draufgekommen, dass es auch Narrenfiguren gibt, wie Frau Stöhr und Mynheer Peeperkorn. Herauszufiltern, wer von den acht Schauspielern sich für welche Rolle am besten eignet, war die größte Aufgabe.“ Blanka Winkler spielt Hans Castorp, die Hauptfigur. Warum die weibliche Besetzung? „Eine Typfrage“, antwortet Evensen: „Sie ist ein helles Wesen, das sich in eine neue Welt stürzt, das passt gut. Zu ihr und auch zu Thomas Manns Konzept von Identität, der Schleier um Schleier lüftet, die über der Figur liegen.“ In der Liebesgeschichte von Hans Castorp und Clawdia Chauchat klingen Erinnerungen an eine homosexuelle Beziehung an.
„Frauen und Männer werden zu Wesen, die ineinander verschwimmen“, sagt die Dramaturgin: „Es reizte uns, damit zu spielen.“ Gegen ihr Geschlecht sind auch Chauchat und der Literat Settembrini besetzt. Wie darf man sich die Gesellschaft in dem abgeschiedenen Schweizer Sanatorium vorstellen? „Die Patienten überlassen sich freiwillig den medizinischen Ritualen, es ist uneindeutig, ob wirklich alle krank sind“, beschreibt Michalek: „Die lassen es sich gut gehen, unterhalten sich über Kunst und Literatur, hören Musik, liegen auf der Terrasse und fühlen sich wie Götter, die vom Olymp herabschauen, auf das, was da unten so passiert. Diese besondere Atmosphäre wollten wir greifbar machen.“
Dem Regisseur war es wichtig, die Szenen gemeinsam mit dem Ensemble zu entwickeln. „Unsere Fassung bedeutete ein Angebot, das auch genutzt wurde. Aber während der Probenphase reifen oft noch neue Gedanken, dann muss man die Texte verändern.“ Der Roman gehöre zu denen, die man in jedem Lebensalter anders liest, glaubt Evensen: „Wir haben eine andere Sicht darauf als junge Leute. Das aufzunehmen und zu schauen, was interessiert die, was haben wir vielleicht übersehen, war ein spannendes Versuchsfeld.“
Wolfgang Michalek möchte den Anfängern ein Bewusstsein über ihre Rechte und Pflichten am Theater vermitteln. „Und ich find’s gut, wenn sie für ihren Beruf brennen“, sagt er noch. Was löste bei dem gebürtigen Wiener dieses Brennen aus? „Nichts“, sagt er: „Es war da. Ich wusste, dass ich ein Talent dafür habe, und damit meine ich gar nicht das Spielen. Sondern dass man mit dem Druck umgehen und auf der Bühne antizipieren kann.“ Michalek habe einiges mitgebracht für diesen Beruf und sich gesagt: „Egal, was passiert, da bleibst du jetzt mal dran.“