Konzert: Bilder einer Schaustellung
Die Moskauer Philharmoniker gastierten unter der Leitung von Yuri Simonov in der Tonhalle.
Düsseldorf. Einen solchen Rummel und Nachruhm hätte sich der Maler Viktor Hartmann zu Lebzeiten wohl nicht träumen lassen: Dass zunächst sein Freund Modest Mussorgskjj seinen Bildern zu Ehren eines der erfolgreichsten Klavierwerke des 19. Jahrhunderts komponieren und der Franzose Maurice Ravel davon wiederum einen der populärsten Orchesterreißer des 20. Jahrhunderts transkribieren würde. Dass Dirigenten die "Bilder einer Ausstellung" dem Orchester gar als Pantomime vormachen, verblüfft gar den erfahrendsten Konzertbesucher. So geschehen beim Konzert der Moskauer Philharmoniker in der Tonhalle.
Chefdirigent Yuri Simonov spart nicht gerade mit illustrativer Zeichengebung. Bei dem Satz "Tuileries" hebt und senkt der Maestro den Oberkörper im Takt, und beim "Großen Tor von Kiew" hält er die Hände mal hoch und mal tief, als wolle er dem Orchester ganz genau zeigen, wo die Glocken hängen, deren Klang Mussorgsij im monumentalen Finalsatz kompositorisch nachahmt. So entstehen nebenbei Bilder einer Schaustellung, die aber, was das klangliche Ergebnis angeht, weitgehend wirkungslos bleiben. Denn die Instrumentalisten blicken nicht unbedingt gebannt auf die Faxen des Kapellmeisters, sondern setzen hochamtlich den Notentext um. Streicher und Blechbläser musizieren weihevoll, als gehe es um die Offenbarung des Heiligen Sakraments. Eleganz und Raffinement der Ravel-Orchestrierung verschwinden hinter dem getragenen Tremor dieser Darbietung. Es scheint, als wolle man vor allem Mussorgskij und weniger dem Arrangeur Ravel ein würdevolles Denkmal setzen. Als Simonov auf dem Schlussakkord noch ein wenig mit dem Taktstock wedelt, bricht tosender Applaus los im gut besuchten Saal.
Vor der Pause erklingt Alexander Skrjabins einziges Klavierkonzert fis-Moll. Solist ist der junge russische Pianist Kirill Gerstein. Er verbindet anschlagstechnische Klarheit mit leidenschaftlicher Expressivität. Dass Gerstein im Finalsatz die versteckten Swing-Rhythmen plastisch hervorhebt, könnte daran liegen, dass er auch eine Ausbildung als Jazzpianist gemacht hat. Wäre der Flügel besser gestimmt gewesen, hätte man von Gersteins pianistischer Kunst sicherlich mehr gehabt.