Düsseldorf Künstler spenden Werke für Obdachlose
Bei Eon startet am Dienstag eine Verkaufsausstellung, für die schon jetzt Optionen in Höhe von einer Million Euro eingegangen sind.
Düsseldorf. Fifty-Fifty ist einer der größten privaten Vereine für die Obdachlosenhilfe in Deutschland. Seit 20 Jahren verkauft die Fifty-Fifty-Galerie gespendete Werke berühmter Künstler, um soziale Projekte zu finanzieren. Inzwischen wurden 5000 Menschen von der Straße geholt und in Wohnungen gesteckt, die der Verein durch den Kunstverkauf gekauft hat.
Dieses Mal aber bahnt sich eine Sensation an. Wenn alles gut geht, wird der Verein in den nächsten Wochen um rund zwei Millionen Euro reicher. Ermöglicht wird dies durch die tatkräftige Mithilfe von Dorothee Gräfin von Posadowsky-Wehner, die in den Räumen von Eon ab Dienstag eine Verkaufsausstellung startet.
Die Gräfin bemüht sich seit einigen Jahren, den Eon-Mitarbeitern den Einstieg in die Kunst zu erleichtern. Neuerdings geschieht dies durch Verkaufsausstellungen für jedermann. Ohne zu wissen, dass Fifty-Fifty ein Jubiläum plant, klopfte sie bei Hubert Ostendorf an. Und Ostendorf ahnte nicht, was für ein Geldregen auf seine Einrichtung fällt. 80 Künstler spendeten 120 hochkarätige Werke.
Auslöser war Gerhard Richter. Ostendorf erzählt, wie er ihm stets die Erfolgsmeldungen nach dem Erlös der Werke geschickt hat, denn immer ging es um den Kauf eines Appartements für Obdachlose. Eine Antwort bekam er nie, bis auf jetzt. Da hatte er den berühmten Künstler am Telefon, und der erklärte ihm, er werde je sechs Motive der Serie „Cage“ jeweils fünf Mal schenken. Das brachte den Stein ins Rollen. Nun spendeten sie alle, die Großen der Szene, von Streuli über Cragg zu Gursky und Knoebel, Ruff und Struth. Eon tat ein Übriges und sprach Künstler an, die in der eigenen Sammlung vertreten sind.
Einige Werke sind politisch gemeint. So wendet sich Wim Wenders mit seinem Foto „Ewige Freundschaft mit den Menschen der Sowjetunion“ nicht an die Herrscher, sondern ans Volk. Das bedeutendste politische Manifest von höchster künstlerischer Qualität ist das Großfoto von Katharina Sieverding aus dem Jahr 1993, „Deutschland wird deutscher“. Die Arbeit ist eine Persiflage auf die Deutschtümelei. Auf einem alten Selbstporträt zeigt sie sich im Zirkus auf den Rheinwiesen, als sie lediglich ein Gesichtsnetz vor der der risikoreichen Kunst eines Messerwerfers schützte.
Thomas Schütte greift das Thema der Verantwortung auf seine Weise auf, in einem Selbstporträt mit der Unterschift, „me not me“ („Ich doch nicht“), Sinnbild für alle Drückeberger. Selbst der berühmte ostdeutsche Fotograf Hans-Christian Schink macht über die Galerie „Raumsechs“ und der Südafrikaner Pieter Hugo über die Galerie Priska Pasquer mit. Auch Senkrechtstarter unter der Jugend sind dabei, etwa Sebastian Riemer oder Levente Szücs.
Das größte Wunder aber erlebte Ostendorf vor Beginn der Aktion. Er bekam schon jetzt so viele Anfragen und Optionen, dass der Erlös der ersten Million Euro feststeht. „Das ist das dickste Brett, das wir in 20 Jahren bohren“, sagt er. Und Michael Hermann freut sich gleichfalls. Der Obdachlose ließ sich für das Plakat fotografieren, das nun von vielen Litfaßsäulen lächelt.