New-Fall-Festival Hamed Shahi: „Es geht um musikalische Qualität“
Das New-Fall-Festival geht in die fünfte Auflage. Die WZ sprach mit Veranstalter Hamed Shahi über Musik und mehr.
Düsseldorf. 2011 veranstaltete Hamed Shahi das New-Fall-Festival in Düsseldorf zum ersten Mal - fünf Jahre später ist es ob seines ambitionierten, alternativen Popmusikprogrammes ein kulturelles Aushängeschild der Stadt. Kurz vor dem Beginn der fünften New-Fall-Auflage sprach die WZ mit Shahi über seinen Blick für das Besondere, die Diskrepanz zwischen Pop und Klassik - und Geld.
Herr Shahi, würden Sie mir beipflichten, wenn ich sage: Das New-Fall-Festival ist mittlerweile kein Geheimtipp mehr, sondern eine feste Institution in Sachen alternativer Musik, oder?
Hamed Shahi: Irgendwie schon. Ich mache das Festival ja seit fünf Jahren — da ist es schon etabliert. Aber: Es ist nicht verkehrt, die Leute immer wieder daran zu erinnern. Der Sommer ist vorbei. Der Herbst kommt — und mit ihm die Zeit der Hallenkonzerte. Da kann man auch schnell mal etwas übersehen.
Gefühlt ist das New Fall der kleine Bruder des Haldern-Pop, das im Sommer am Niederrhein stattfindet, oder?
Shahi: Oha, das werden die dortigen Organisatoren nicht gerne hören. (lacht) Spaß beiseite: Natürlich ähneln sich die Festivals in gewisser Hinsicht. Denn bei beiden sind die Veranstalter sehr picky.
Was bedeutet?
Shahi: Sie verpflichten nicht jeden Künstler, sondern nur sehr ausgewählte. Sowohl in Haldern auch bei uns spielen Künstler, die ihren Fingerabdruck hinterlassen haben, auch ohne Millionen von Platten verkauft zu haben. Und Künstler, die sich gerade anschicken, das zu tun. Es geht nicht darum, erstmal die Halle vollzukriegen. Es geht um musikalische Qualität.
Bewerben sich Künstler mittlerweile von sich aus um einen Auftritt beim New Fall?
Shahi: Ja. Ich muss das Festival keinem Künstler mehr erklären. Viele kommen tatsächlich von sich aus.
Wie viele Anfragen müssen Sie pro Jahr denn so aussortieren?
Shahi: Das ist schon eine dreistellige Zahl.
Das New Fall ist neben der Art seiner Musik auch bekannt dafür, dass diese Musik an besonderen Orten gespielt wird.
Shahi: Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Wir haben mit der Tonhalle und dem Robert-Schumann-Saal angefangen, zuletzt sind etwa die Johanneskirche, das Tanzhaus NRW und Capitol-Theater dazu gekommen. Und für besondere Veranstaltungen gibt’s auch noch das Hotel Nikko und das NRW-Forum. Ich habe dann auch jetzt schon - noch nicht spruchreife - Ideen für Locations, die im nächsten Jahr dazukommen sollen.
Sie sind also jemand, der beim Stadtbummel oder Einkaufen stets mit dem Blick für das Besondere durch die Gegend läuft?
Shahi: Ganz genau so ist es. Als Veranstalter sehe ich jedes Gebäude mit ganz anderen Augen als andere Menschen. Neulich ist mir bei einem Spaziergang zum Beispiel eine Kirche aufgefallen. Auch dort könnte man Konzerte veranstalten. Das mag für viele nicht vorstellbar sein — ich bin aber mutig genug, um solche Dinge auszuprobieren.
Düsseldorf steht für Kraftwerk und die elektronische Musik sowie für den Punk, der einst um den Ratinger Hof herum ausbrach. Sehen Sie sich auch ein bisschen als Verwalter dieser großen musikalischen Vergangenheit?
Shahi: Nein. Es geht nicht darum, zu schauen, was in der Vergangenheit war. Es geht darum, in die Zukunft zu blicken. Man muss den Nachwuchs fördern. Und man muss das Musik-Angebot immer weiter voranbringen. Andere Städte haben uns da momentan noch etwas voraus. Aber Düsseldorf hat definitiv noch viel mehr Kapazitäten und Möglichkeiten, in Sachen Musik auf sich aufmerksam zu machen. Die muss man nutzen. Denn das spricht sich herum. Und wenn das passiert, dann gehen die Leute irgendwann auch automatisch hin. In Sachen Klassik ist Düsseldorf ja schon ganz weit vorne. In Sachen Pop gibt es noch großen Nachholbedarf.
Welche Künstler hätten Sie gerne mal beim New Fall?
Shahi: Wilco oder Portishead fände ich zum Beispiel großartig. Aber diese Künstler sind letztlich viel zu teuer. Um derartige Namen zu verpflichten, muss man schon in die großen Hallen gehen. Ich mache ja so schon drei Kreuze, wenn wir am Ende des Festivals eine schwarze Null schreiben. Bislang haben wir am New Fall noch nichts verdient.
Fehlt Ihnen die Unterstützung von außen?
Shahi: Es könnte natürlich immer mehr sein. Sehen Sie: Wir werden bereits viel unterstützt: von den Betreibern der Gebäude, in denen wir die Konzerte veranstalten. Und auch von der Stadt. Aber es herrscht — und das nicht nur in Düsseldorf, sondern generell — eben immer noch eine große Diskrepanz zwischen Klassik und Pop. Eine Diskrepanz, die sich auf das Standing in der Öffentlichkeit und damit auch auf die finanzielle Unterstützung auswirkt.
Das ewig leidige Thema also: Klassik ist die ernst Musik, Pop die schnöde Unterhaltungsmusik…
Shahi: Ja. Und das ist unpassend. Wir sprechen hier ja nicht von Bohlen-Popmusik, sondern von ernstzunehmenden Künstlern, die die Popmusik mit wunderbarem Songwriting geprägt haben. Aber wie auch immer: Letztlich gibt es Veranstaltungen, die mehr Lobby haben als wir und die mitunter vom Land und vom Bund unterstützt werden: Etwa das Reeperbahnfestival in Hamburg oder das „c/o pop“-Festival in Köln. Da möchten wir mit dem New Fall auch hinkommen.
Was machen Sie eigentlich nach dem Festival: Gleich das New Fall 2016 planen - oder Urlaub?
Shahi: Geplant wird quasi immer. Aber: Direkt nach dem Festival bekommt mein Team eine Pause. Ich arbeite weiter und mache erst ein paar Tage Urlaub, wenn alle wieder da sind. Der Chef muss erstmal den Laden aufräumen. (lacht)