Düsseldorf Musikalisch erste Schlag-Sahne
Kevin Anderwaldt und Rafael Sars treten oft als Duo auf. Jetzt saßen die Schlagzeuger erstmals beim Ballettabend „b.25“ im Orchestergraben.
Düsseldorf. Schlagzeuger sind anders. Unter Musikerkollegen gelten sie als lockerer und kameradschaftlicher, nicht so verbissen wie Geiger, die beim Vorspielen ihre Konkurrenten gerne angiften oder keines Blickes würdigen. „Wir sitzen zusammen und warten, bis wir dran sind, manchmal entstehen sogar Freundschaften.“ Das berichten Kevin Anderwaldt und Rafael Sars. Beide 24 Jahre alt, kennen sich aus der Schlagzeug-Klasse von Bert Flas in der Schumann-Hochschule, stehen kurz vor ihrem Master und treten häufig im Duo auf.
Erstmals saßen sie jetzt bei einer Premiere im Opernhaus im Orchestergraben, hinter einer Plexiglas-Scheibe — beim Ballettabend „b.25“, in Hans van Manens „Two Gold Variations“, nach der Musik des „Goldrush“ Concertos für Schlagzeuger und Orchester von Jacob ter Veldhuis, auch ‚Jacob TV’ genannt. Und wurden genauso stürmisch gefeiert wie die Schläpfer-Athleten des Balletts am Rhein.
Ein glitzerndes, schimmerndes Musikstück — modern, aber leicht verdaulich, angereichert mit einigen Rhythmen der Popmusik, schwärmen der Niederländer Sars und der aus Bonn stammende Anderwaldt. „Es ist einfach komponiert, aber brillant und offen instrumentiert. So haben wir bei den Instrumenten freie Wahl.“
Mit Vibra- und Marimbaphon, allerlei Triangeln, Pauken und Bronzescheiben sorgt das Duo für einen flirrenden Sound. Das 30-Minuten-Opus, in dem die Schlagzeuger unentwegt in Aktion sind, verlangt enorme Konzentration, Rücksichtnahme im Tempo auf die Tänzer und Präzision. Das haben die sympathischen Jung-Meister von ihrem Professor Bert Flas gelernt. Er ist gleichzeitig erster Paukist der Düsseldorfer Symphoniker und schlug die beiden als Schlagwerk-Solisten vor.
Eine neuartige Partnerschaft: Opernintendant Meyer unterrichtet zwar schon seit geraumer Zeit in der Hochschule, doch nun kommt Letztere ins Opernhaus. Als Master-Studenten haben sie längst professionelles Niveau und sind in der Branche begehrt: Sars hat eine Stelle bei den Duisburger Philharmonikern, Anderwaldt beginnt 2016 beim WDR-Symphonieorchester.
Beide exzellente Adressen für den Karriere-Start.
Warum sie Musiker geworden sind? Kein Wunder, beide stammen aus Musikerfamilien. Anderwaldts Vater ist Schlagzeuger im Bonner Beethovenorchester, die Mutter Klavierlehrerin, Sars’ Vater ist Komponist. Als Kind traktierte Sars Nutella- und Erdnussbutter-Gläser mit Löffeln und trat mit sieben als Trommler in die Blaskapelle in seinem holländischen Heimatdorf ein. Mit Auftritten auf der Bühne und bei Dorf-Umzügen begann seine Karriere, Anderwaldts Laufbahn startete in einer Jugend-Big-Rock-Band.
Mit 16 wechselte er als Jungstudent von Bonn nach Düsseldorf. Die Anfänge waren ähnlich: Ab in den Keller, hieß es in beiden Familien, in schallgeschützte Räume, wo sie mit ihrer rhythmischen Geräuschkulisse keinem Nachbarn auf die Nerven gingen. Rafael Sars kam an den Rhein durch seinen Lehrer, der vor 30 Jahren bereits Bert Flas unterrichtet hatte.
An der Fischerstraße trafen sich die beiden das erste Mal, stellten Klassik-Projekte in der Tonhalle, im K21 und im WDR auf die Beine und sind seitdem befreundet. Warum Schlagzeug? Hier könne man am besten seine Energie „rauslassen“, sagen sie, und, so Anderwaldt, „im Orchester ist das Schlagzeug immer das i-Tüpfelchen“. An das Schleppen der Schlagwerke haben sie sich ebenso gewöhnt wie an ein Proben-Pensum von acht bis zehn Stunden pro Tag. Und an den Kampf um die Probenräume an der Hochschule, ebenfalls im Keller. Früh aufstehen müssen sie daher: Wer von den zehn Studenten als Erster an der Fischerstraße ankommt, bekommt den Raum.
Ihre Lieblingsstücke? Ist schwer zu sagen, meinen sie. Auf große Orchesterwerke und Kammermusik freuen sie sich. Am meisten aber auf Puccinis „Turandot“, in dem sich die Pauken, im Vergleich zu den meisten Opern, zu einem großen Showdown steigern.