Düsseldorf Kurzweiliger Ausflug ins Rheinische

Düsseldorf. Ihm wurde seitens berufenen Mundes ein Misserfolg vorhergesagt, dem Düsseldorfer Bühnen-Stück „Schneider Wibbel“. Die hiesigen Schauspiel-Vorderen des frühen 20. Jahrhunderts, Louise Dumont und Gustav Lindemann sowie der rheinische Volksschauspieler Paul Henckels, hielten wenig vom Bühnenwerk des Düsseldorfer Mundartdichters und Dramatikers Hans Müller-Schlösser (1884-1956).

Foto: David Young

Doch zur großen Überraschung der damaligen Fachleute wurde „Schneider Wibbel“ ein großer Erfolg.

Nun öffnen drei Mitglieder des Düsseldorfer Schauspielhauses Müller-Schlössers Schreib-Werkstatt in Form einer szenischen Lesung im Savoy-Theater. „Schneider Wibbeleien“ lautet der Titel des kurzweiligen, gut einstündigen Ausflugs ins Rheinische des frühen 20. Jahrhunderts. Claudia Hübbecker, Moritz Führmann und Wolfgang Reinbacher schlüpfen in verschiedene Rollen innerhalb und außerhalb des Stücks „Schneider Wibbel“, das im Juli 1913 im Schauspielhaus uraufgeführt wurde.

Müller-Schlösser, gespielt von Reinbacher, ärgert sich etwas darüber, dass die Uraufführung in den Sommer gelegt wurde. Gustav Lindemann hatte so fest mit einem Durchfall des Stücks gerechnet, dass er mit der Terminierung den Schaden fürs Haus begrenzen wollte. Schon damals waren Theater im Sommer eher schwach besucht.

Rheinische Sprichwörter in Mundart bringen nostalgisches Lokalkolorit und Würze in die Sache. Der körperlich sehr bewegliche Moritz Führmann schlägt auch so manches Rad über die Savoy-Bühne. Am Klavier kräftig begleitet von dem Schauspielhaus-Pianisten Klaus-Lothar Peters singen die Mimen auch so manches Düsseldorfer Lied wie den karnevalesken Schunkelgesang „Ja, sind wir im Wald hier, wo bleibt unser Altbier?“ von den Toten Hosen. Das Grobgestrickte ist in dieser Veranstaltung der Volksbühne allerdings nicht Selbstzweck, sondern eher Zitat und Objekt ironischer Brechungen.

Wer die Handlung des „Schneider Wibbel“ nicht kennt, kommt dennoch auf seine Kosten, denn die Schlüssel-Szenen des Stücks werden vorgespielt. Es setzt ein mit der Beleidigung des Kaisers Napoleon zur Zeit der französischen Besatzung Düsseldorfs im 19. Jahrhundert. Schneider Wibbel (Führmann) wird aufgrund seines antifranzösischen Gegröles „Warum ist es am Rhein nicht schön“ zu vier Wochen Gefängnis verurteil. Claudia Hübbecker spielt die besorgte Ehefrau des Wibbel, während Reinbacher einen bräsigen Polizisten gibt.

Wibbel findet jemanden, der gegen Geld für ihn einsitzt, während der Haft aber an einer Lungenentzündung stirbt. So muss Wibbel seiner eigenen Beerdigung zusehen. Dabei fällt so mancher Ausspruch, der zum geflügelten Wort geworden ist, wie: „Nä, watt bin ich für ‘ne schöne Leich“. Überhaupt ist der Abend reich an rheinischen Weisheiten, auch melancholischen wie dem Spruch: „Mensch, komm bloß nit op de Welt“. Ein unterhaltsam-nostalgischer Abend, der bei den Mitgliedern der Volksbühne bestens ankam.