Marathon-Lesung: Lebendige Literaturmeile

Die Lange Nacht der Düsseldorfer Literatur zog am Samstag jede Menge Besucher an die Bilker Straße.

Düsseldorf. Saxophonklänge locken am Samstagabend an die Bilker Straße. Birgit Riepe spielt auf vor jenen Häusern, in denen lebendige Literatur stattfindet. An sechs Orten lasen in dieser "Langen Nacht der Düsseldorfer Literatur" Autoren und Autorinnen aus ihren Werken, auch bei den Organisatoren des "Heimspiels", im Literaturbüro NRW. Wo immer man ein Grüppchen Menschen sieht, da geht es gleich los. Auf die "Straßenführung" durch die kulturträchtige Bilker Straße freuen wir uns leider vergeblich, denn Wulf Metzmacher musste wegen Krankheit absagen. Dafür erhält die Nachwuchsautorin Sofija Ressina die Gelegenheit, direkt auf der Straße ihre Geschichte eines netten Vampirs vorzulesen, der Menschen verschont und sich nur an ihren Einkaufstaschen vergreift, - falls er dort eine Blutwurst wittert.

Verschwitzt, aber vergnügt drängt ein Pulk Literaturhungriger aus dem Institut Français an die frische Luft, sie haben gerade einer Kurzgeschichte der Düsseldorfer Krimiautorin Stefanie Koch gelauscht. Weiter geht es mit Historie: Von Helge Hesse erfahren wir, dass Marie Antoinette nicht so garstig war wie ihr Ruf; die Franzosen mochten die Österreicherin einfach nicht. Der Satz "Wenn sie kein Brot haben, so sollen sie doch Kuchen essen" stammt auch gar nicht von ihr, denn Rousseau kolportierte diese Aussage zu einer Zeit, als sie noch eine kleine Prinzessin war.

Charlotte Marlo Werner liest aus ihrer Biographie von Annette Kolb, die in den 20er Jahren in Paris weilte für ihr Buch über den Politiker Aristide Briand und sehr subjektiv - ganz wie heutige Reporter - über ihre Erlebnisse in der vor Hitze flirrenden Stadt schrieb. Das Heine-Institut erfrischt seine Besucher mit Grünem Veltliner, bevor Klas Ewert Everwyn von seiner Jugend in Köln-Sülz berichtet. Er mischt Anekdotisches mit viel Kölner Platt, was sich sehr musikalisch anhört, vor allem ("Jetzt kommt ene Räpp") beim Aufzählen der Schimpfwörter. Als 18-Jähriger zog Everwyn 1948 nach Düsseldorf, wo ihn die Fama der berühmten Kö magisch anzog. Leider hielt die Nachkriegs-Realität seinen Vorstellungen nicht stand: "Die Kö - eine einzige Enttäuschung!"

Eine schöne Idee dieser Literaturnacht war auch, dass die beiden Autoren einer Doppel-Lesung sich jeweils gegenseitig ansagten. So hat also der ältere Herr Everwyn "das Vergnügen, eine - von mir aus gesehen - sehr junge Autorin" anzukündigen, nämlich die 1973 in Düsseldorf geborene Heide Küsters. Sie trägt beeindruckende, melancholische Gedichte vor, die oft von rasch verfliegenden Begegnungen handeln. Am Flügel unterstützt Helmut Götzinger die Stimmung mit Schönberg-Klängen.

Autoren 14 Autoren lasen bei der Langen Nacht der Literatur alles von Krimis bis Gedichte.

Orte Die Lesungen fanden an fünf verschiedenen Orten entlang der Bilker Straße statt: federführend war das Literaturbüro NRW.