Düsseldorf Max Becher macht sich für Foto-Zentrum stark

Der einzige Sohn von Hilla und Bernd Becher ordnet derzeit den Nachlass seiner Eltern. Im Gespräch mit der WZ redet er über seine Wünsche und Zukunftspläne.

Düsseldorf. Max Becher, Sohn der berühmten Fotokünstler Hilla und Bernd Becher, wohnt zwar in Amerika, doch immer wieder kehrt er nach Düsseldorf zurück. Hier ist er 1964 geboren, hat die Grundschule in Kaiserswerth besucht, mit den Eltern in der Einbrunger Mühle gelebt und zu Silvester als Schüler auf dem Kaiserswerther Deich gefeiert. Aktuell ordnet er den Nachlass, plant Ausstellungen und denkt zugleich an ein allgemeines Fotozentrum in seiner Heimatstadt nach. In einem sehr persönlichen Gespräch schildert er, was er vor hat und was ihn bewegt.

Zum Foto-Schwerpunkt in Düsseldorf sagt er: „Ich habe viele Gespräche geführt, mit Beat Wismer vom Museum Kunstpalast und mit Kulturdezernent Hans-Georg Lohe. Es gibt viele Willensbekundungen, auch von dritter Seite, aber noch keine öffentliche Verlautbarung.“ Lohe betont, wie sehr er darauf hinarbeite, dass dieses Fotozentrum kommt. Aber Max Becher geht noch einen Schritt weiter, wenn er sagt: „Es wäre wunderbar, wenn dieser Standort für Fotografie auf mehreren Beinen stehen würde. Ich bin immer sehr optimistisch. Ich glaube daher, dass es klappt. Und ich hoffe, dass andere Fotokünstler mitmachen. Die Ideen sind sehr ähnlich. Deshalb bin ich sogar enthusiastisch.“ Dieses neue Foto-Institut in Düsseldorf soll nicht auf die Bechers beschränkt sein.

Foto: Judith Michaelis

Max Becher betont, dass „der Kern der Negative“ seiner Eltern in die SK-Stiftung nach Köln geht, die übrigen Negative bleiben im Privatbesitz. Dennoch erklärt er: „Es wäre möglich, dass ich Leihgaben gebe oder Arbeiten spende. Dann könnten auch andere Fotografen mitmachen, wenn sie wollen.“ Diese „größere Sammlung“ werde zunächst, so Max Becher, mit dem Museum Kunstpalast verbunden. Sie könnte aber auch halbwegs selbstständig sein. Sie könnte auch wandern, wenn sich neue räumliche Möglichkeiten ergeben. Hier hakt Lohe ein. „Mir wäre schon lieb, wenn das Foto-Zentrum in Düsseldorf ans Museum Kunstpalast angedockt wird“, sagt er.

Zur Bestätigung der guten Zusammenarbeit zwischen Becher junior und dem Noch-Museums-Chef Beat Wismer gibt Wismer bekannt: „Das Museum Kunstpalast plant die erste Retrospektive von Hilla und Bernd Becher nach deren Tod. Wir setzen das Projekt auf unsere Agenda und planen eine Ausstellung mit internationalen Partnern. Sie soll frühestens 2020 stattfinden.“

Max Becher hängt aber auch an der alten Kaiserswerther Schule, die die Eltern nach dem Auszug aus der Einbrunger Mühle 2002 als Archiv und Wohnstätte von der Stadt zur Miete erhalten haben. Hier lebte Hilla Becher bis zu ihrem Tod. Diese Räume kann der Sohn für mindestens zwei weitere Jahre nutzen, um die unter seiner Mutter geplanten Ausstellungen durchzuführen.

Aber am liebsten hätte er noch mehr, wenn er sagt: „Ich interessiere mich sehr für die Geschichte des Ortes, auch für die Zusammenhänge mit Amerika. Deutschland war sehr wichtig für New York. Im 19. Jahrhundert war New York die zweitgrößte deutschsprachige Stadt. Das frühere Manhattan war holländisch. Neu-Amsterdam sah damals aus wie Kaiserswerth noch heute. Mich interessiert, warum es in New York so anders geworden und warum es hier so geblieben ist.“ Er habe es als „Emigrant“ selbst durchgemacht. Er sei zuerst Deutscher gewesen, wurde langsam Amerikaner und lebt in der Gegend von Chinatown, also Little Italy, wo die Zugezogenen wohnen. Deshalb sei er sehr froh, dass hier in Kaiserswerth der Ursprung auch architektonisch geblieben ist.

Ob sich Max Becher hier wieder niederlässt, wisse er nicht. „Ich habe in Amerika Fuß gefasst. Ich habe auch in der Nähe von Siegen in Mudersbach das Fachwerkhaus meines Onkels übernommen. Das Haus ist nichts wert, aber historisch ist es für mich wichtig. Mein Vater hat dort nicht gewohnt, sondern unsere Tanten. Aber er liebte das Haus. Diese preiswerten und dennoch individuell geplanten Arbeiterhäuser heißen Becher-Häuser. Der Name des Bruders meines Vaters steht noch auf dem Haus. Es ist also ein Becher-Becher-Haus.“

Ob er an ein Erinnerungshaus für seine Eltern in Kaiserswerth denke? Seine Antwort ist ein Nein-Ja oder besser, ein sowohl als auch: „Meine Eltern wollten nicht so recht ein Denkmalhaus. Aber irgendetwas dieser Art muss es schon werden. Viele Leute wollen das. Aber es muss eingebunden werden in den Ort, damit auch die Leute aus Kaiserswerth etwas davon haben.“

In der Kaiserswerther Wohnung wagt der Sohn kaum, einen Zettel wegzuschmeißen oder Stühle und Tische zu verrücken. Der Respekt vor der Lebensleistung der Eltern ist immens. Leben und Arbeit gingen bei den Bechers ohne Grenzen ineinander über. Bevor Max Becher auch nur ein klein wenig entrümpelt, schaut er im Fotobuch von Matthias Schaller nach, denn vor dem Auszug der Eltern aus der Einbrunger Mühle, 2003, wurde das Milieu dokumentarisch und zugleich sehr sensibel fotografiert. Der Junior liebt das bescheidene Milieu mit dem einfachen Mobiliar der Eltern. Wenn es nach ihm geht, müsste es eigentlich erhalten bleiben. „Alle Stühle hier sind vom Sperrmüll. Sie wurden von meinen Eltern auf der Straße gesammelt. Sie haben für solche Sachen nichts ausgegeben, weil sie kein Geld hatten. Sie haben extrem billig gelebt“, sagt er. Dabei erinnert er sich, wie er als Kind „ganz viele Haferflocken gegessen hat, manchmal ohne Milch. Es war die einzige Nahrung im Kühlschrank oder im Regal. Mittagessen haben wir nicht gemacht. Sie hatten keine Zeit dafür. Das habe ich aber gar nicht als negativ empfunden“, sagt er.

Max Becher wurde wie seine Eltern berühmt. Und wie sie arbeitet er mit seiner Frau Andrea Robbins. Im Moment beschäftigt er sich mit einem Projekt für die Smithsonian Institution in Washington, eine Einrichtung, die zahlreiche Museen betreibt. In seinem Projekt geht es um die Frage, wie die Indianer in der amerikanischen Kultur überlebt haben.

Mit seiner Frau stellt er auch beim Photo Weekend in der Galerie Ute Parduhn in Kaiserswerth aus. Mit Ute Parduhn pflegten schon die Eltern ein herzliches Verhältnis.