Galerie Meret Oppenheim wird wiederentdeckt

Düsseldorf · Linn Lühn erinnert an die hintergründig-humorvolle Kunst der großen Einzelgängerin.

„Der Flaggenfalter“ nennt Meret Oppenheim dieses Litho aus dem Jahr 1975.

Foto: Galerie Linn Lühn

Linn Lühn greift in ihrem Galerie-Programm zuweilen auf historische Positionen zurück, und Nachlass-Verwalter helfen ihr dabei. Diesmal ist es Meret Oppenheim (1913-1985), jene Künstlerin, die durch ihre Pelztasse zum Symbol des Surrealismus wurde. Diese Tasse entstand im Pariser Künstlermilieu der 1930er Jahre, als man sie als junge „Garconne“ und Muse im Kreis der Surrealisten feierte. Dort hatte es ihr der Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti besonders angetan. Damit beginnt die Ausstellung bei Linn Lühn, die sich nach einer undefinierbaren Eintragung Oppenheims in eine Schulkladde „X – an Orange Rabbit“ nennt.

Die Künstlerin fertigte 1933 zunächst „Das Ohr von Giacometti“ als Bleistiftzeichnung an. 25 Jahre später wurde daraus ein Wachsmodell, 1958 eine Bronze und 1977 eine Edition in 500 Exemplaren. Ein Handschmeichler entstand, der auf dem Tisch der Galeristin landete. Linn Lühn sah im Ohr die Faust, die wiederum zwei Blüten wachsen lässt. Doch zugleich nähert sich dem Ohr eine entblößte Brust. Für Linn Lühn ist dies eine „ungewöhnliche Hommage an einen der größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts und ein intimes Symbol einer einseitigen Liebe.“ Es wurde zum Ausgangspunkt der aktuellen Ausstellung.

Hinzu kam das Mappenwerk „Parapapillonneries“ von 1976 mit sechs Farblithos, die die Verwandlungen  eines Schmetterlings paraphrasieren. Gleich das erste Blatt des „Flaggenfalters“ zeigt fantastisch rollende Flügel. Ob „Stolze Rosamunde“, „Freundin der Männer“ oder „Silberschwanz“, die Tiere werden in verschiedenen Zuständen wiedergegeben, als furchterregender, eulenartigen Falter oder als primitiver Flieger, mit Flügeln wie aufeinander schlagenden Brettern.

Der Falter kann wie ein Pfeiler am dünnen Körper durch das Blatt schießen, während sich die Flügel wie fiktive Wolken entfalten. Als Motte ergibt sich ein Körper aus zottligem Fell und aus Flügeln wie Küchenhandtüchern. Sicherheitshalber zeichnet die Künstlerin das Milieu einer Küche mit kochender Milch im Topf und einem Honigglas hinzu, und lässt das Tier durch das Blatt als grafische Lineatur summen. Die Schau gibt einen Vorgeschmack auf die Retrospektive im Kunstmuseum Bern 2021, die anschließend auf Tournee durch Amerika geht.

Info: Galerie Linn Lühn, Birkenstraße 43, bis 1. März