Düsseldorf Festival Shaolin-Mönche tanzen und kämpfen
Düsseldorf · Die Choreografie von Sidi Larbi Cherkaoui wird beim Düsseldorf Festival bejubelt.
Nach zehn Jahren und einer Tournee durch 28 Länder zündet „Sutra“ immer noch bei einem großen Publikum. Die Mischung aus Tanz-Theater, Installationskunst und Kampfsport mit 19 buddhistischen Mönchen des chinesischen Shaolin-Tempels dauert zwar nur eine Stunde. Doch die Kisten-Bilder (von Antony Gormley) und die Geschichte – erzählt von meditativen Kung-Fu-Athleten, einem älteren Meister und einem Novizen – sind so außergewöhnlich und intensiv, dass sie die meisten Zuschauer auch beim Verlassen des Theaterzeltes noch beschäftigen. Wie bei der Uraufführung 2008 (im Londoner Sadler’s Wells) wurde dieses Werk von Sidi Larbi Cherkaoui mit Ovationen gefeiert im ausverkauften Zelt am Burgplatz. Und ist eines der letzten Highlights des Düsseldorf-Festivals, das am 3. Oktober zu Ende geht.
Der mehrfach preisgekrönte Choreograf – ein Belgier mit marokkanischen Wurzeln, der auch an Münchens Staatsoper als Opernregisseur gefeiert wird – spielt selber mit. In silbergrauem Anzug sitzt der 42-jährige Sidi Larbi Cherkaoui wie ein weiser Mann anfangs in der Ecke und spielt mit einem Kind, das in grauer Mönchskluft an eine kleine Buddha-Figur erinnert. Klötze schieben die beiden hin und her, wie bei einem Schachspiel – es sind Spielzeug-Varianten der 16 Holzkisten, die auf der Bühne stehen. Dort klappen die Boxen mit einem lauten Knall zur Seite: darin ruhen die Kampf-Mönche, wie in einem Sarkophag, und springen plötzlich empor. Sie drehen Gebets-Pirouetten, springen und landen, mit stöhnenden Schreien, in Verteidigungs-Posen, wie man sie aus den alten Kung-Fu-Filmen kennt.
Blitzschnelle, geschmeidige Bewegungen, Spreiz- und Drehsprünge, Doppel-Salti vor- und rückwärts, Zweikämpfe mit Stäben und Speeren aus blitzendem Metall – Artistik und Akrobatik dominieren in den aggressiven Allegro-Passagen. Live intoniert, hinter einem Vorhang, von einem Klaviertrio und Percussion. Leises Andante indes untermalt die Momente der Ruhe vor dem nächsten Sturm.
Die Shaolin-Mönche verstecken sich dann in den geöffneten Holz-Rechtecken, schieben sie wie Schachfiguren an immer andere Stellen und kreieren eine Vielzahl von Architektur-Bildern. Mal erinnern sie an Särge, an Wächterhäuschen, an überdimensionale Klaviertasten oder an Blätter einer Blüte, die sich prachtvoll öffnet – ebenfalls mit ohrenbetäubendem Knall. Dann wirken sie wie Tische, Schränke, Wallanlagen. Oben auf dem Wall thront der kleine Buddha mit betenden Händen. Makaber und gruselig wird es für westliche Augen, wenn die Mönche aus dem chinesischen Henan die Boxen zu Regalwänden stapeln und sich hinein legen. Ein Tableau, das eine Nähe zu Bildern aus KZ oder Internierungslagern sucht.
Weitere Vorstellung: Heute, 20 Uhr, Theaterzelt/Burgplatz, Restkarten unter Telefon 0211 82826622