Skandal bei Premiere von Tannhäuser
Nazi-Vergleich empört Zuschauer. Der Regisseur wird wüst beschimpft und ausgebuht.
„Geh in Therapie“, „Aufhören“, „Das ist keine Kunst“ und immer wieder „Sch . . .“ — lautstark haben Zuschauer in der Rheinoper ihrem Ärger und Entsetzen Luft gemacht. Provoziert von einem Bühnenbild, das Kammern zeigt, in denen nackte Frauen und Männer mit Nebel scheinbar vergast werden, einem Tannhäuser, der mit Nazibinde am Arm seine Familie exekutiert. Für einige gab es schon in der ersten halben Stunde kein Halten mehr. Türenknallend verließen sie die Oper. Der überwiegende Teil blieb. Nicht zuletzt, um Regisseur Burkhard C. Kosminski beim Schlussapplaus auf der Bühne niederzubuhen. Einige pöbelten ihn bei der anschließenden Premierenfeier rüde an.
Der Skandal deutete sich bereits vor der Premiere an. Abonnenten und Wagner-Fans, die die Generalprobe gesehen hatten oder von Freunden informiert worden waren, versuchten in letzter Sekunde ihre Karten loszuwerden. Einige boten die teuren Premierentickets zum halben Preis an, andere wollten sie gar verschenken. Mit ernster Miene kündigte Opernintendant Christoph Meyer an: „Das wird ein tougher Abend.“
Zu dem Zeitpunkt rechnete er wohl noch nicht damit, dass er knappe fünf Stunden später damit drohen musste, die Premierenfeier abzubrechen, um Musiker und Regisseur zu schützen. Kosminski zeigte sich im WZ-Gespräch überrascht, wie heftig die Ablehnung war. „Ich wollte schauspielerisch konkret werden. Die Sänger, der Chor und GMD Axel Kober stehen voll zu diesem Abend.“ Auch Meyer habe ihn unterstützt. Dass sein Konzept angreifbar sei, und es Kontroversen geben würde, sei klar gewesen.
Peter Haseley, Leiter der Clara-Schumann-Musikschule, meinte: „Der Nazi-Vergleich funktioniert beim Tannhäuser nicht. Ich fühlte mich von dem, was auf der Bühne zu sehen war, peinlich berührt.“ Lotte Zahn, Vorsitzende des Düsseldorfer Wagner-Verbandes, sagte: „Es ist eine Beleidigung für die Menschen, die das damals erlitten haben.“ Unternehmer Peter B. ärgerte sich: „Eine Verschwendung von Steuergeldern.“
Musikalisch herausragend fand Kulturdezernent Hans-Georg Lohe den Abend. Er hielt auch das Regiekonzept in sich für schlüssig. „Was auf der Bühne gezeigt wurde, ging sehr an die Grenze“, räumte er ein. Die heftigen Reaktionen zu Beginn im Publikum konnte er nicht verstehen. „Man muss den Abend in seiner Gesamtheit auf sich wirken lassen.“ Die Pöbeleien auf der anschließenden Feier verurteilte er scharf.
Meyer drohte den aufgebrachten Wagner-Fans im Foyer an: „Buh rufen können Sie im Bühnenraum, nicht aber hier. Erinnern Sie sich bitte an meinen Vorgänger Tobias Richter. Der hat vor fünf Jahren nach Buh-Rufen für Star-Regisseur Christof Loy auch keine öffentlichen Premierenfeiern mehr zugelassen.“