Thomas Reis: Wirklich böses Kabarett

Thomas Reis spricht über Liebe, Sex, Kirche und andere Katastrophen.

Düsseldorf. Das vorneweg: Soloprogramme von Thomas Reis lassen sich thematisch selten auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Auf der Bühne präsentiert er einen Schwall aus alltäglichen wie philosophischen Assoziationsketten, denen der Zuschauer zwar nur schwer folgen kann, wobei ihm aber nie die Pointen verloren gehen. So auch bei Reis‘ Auftritt am Freitagabend im Kom(m)ödchen. Zwei weitere Termine folgen dort noch mit seinem brandneuen Programm „Und sie erregt mich doch“.

Das „sie“ steht im Grunde für alles und jeden — für Angela Merkel, andere Frauen, die Erde — kurzum für Gott und die Welt. Das nimmt Reis durchaus wörtlich: Der Allmächtige erscheint höchstpersönlich und ist Teil einer illustren Gesellschaft, zu der auch Sigmund Freud, Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, ein militanter Berliner, ein desillusionierter Lehrer, ein Kannibale und viele andere Gestalten gehören. Klingt absurd? Ist es auch.

Aber Reis verliert in dem Ganzen seine Erregung, im erotischen wie im politisch-gesellschaftlichen Sinn, nicht. Er regt sich über Bio-Bauern auf, die ihren PS-starken Geländewagen mit Bio-Ethanol tanken, über den neuen Papst, „der wirklich süß ist und alles kuschelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist“.

Auf die Kirche und die Vertreter Gottes auf Erden haut der scharfzüngige Kabarettist gerne und kräftig drauf. Dabei biegt er in wirklich derbe Ecken ab, wenn er über Kardinal Meisner herzieht. Wirklich böse. Und auch den Herrgott knüpft er sich vor: Der sei nicht mehr der, für den man ihn hält. Sei gestresst und genervt: „So ein Universum ist total schön, aber auch anstrengend.“

Im nächsten Moment ist Thomas Reis dann wieder Sigmund Freud, der sich über ödipale Komplexe und Sexualität auslässt, oder eine heulende Frau im Gespräch mit ihrem Partner. Natürlich geht es dabei um Liebe und viel Sex. Ein Blatt vor den Mund nimmt der mehrfach ausgezeichnete Künstler dabei selten.

Wirklich großartig ist er aber, wenn er die Witze aus der Macho-Schublade weglässt und dem Publikum seine sexuellen Anspielungen und Doppeldeutigkeiten serviert oder gleich direkt auf den (G-)-Punkt kommt. „Wowereit will sich heute nicht decken lassen“, kommentiert Reis etwa ein Fußballspiel der Bundesregierung und anderer Politiker, wo sich Gesundheitsminister Daniel Bahr zum Trost von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles stillen lässt.

Reis lässt eine geballte Ladung an haarsträubendem Nonsens auf das Publikum los und das mit einer Leichtigkeit, die dennoch nie an Tiefgang verliert. Sehr sehenswert.