Tonhalle: Lang Lang - Der populärste Pianist der Welt - verliert sich im Süßlichen
Lang Lang beherrscht das Klavier sensationell souverän. Seinem Spiel fehlt in Düsseldorf der gebotene Tiefgang.
Düsseldorf. Der Mann beherrscht das Klavier sensationell souverän, daran besteht wenig Zweifel, außerdem bewegt er ein großes Publikum wie das in der ausverkauften Tonhalle zu stehenden Ovationen und lautem Jubel. Doch was hat der chinesische Star-Pianist Lang Lang musikalisch zu bieten, und gestaltet er große klassische und romantische Werke von Mozart, Schumann und Liszt mit dem gebotenen Tiefgang? Es darf dran gezweifelt werden. Die schwer bestreitbare manuelle Technik Lang Langs kommt bereits in der eröffnenden Klaviersonate B-Dur KV 333 Wolfgang Amadeus Mozarts zum Vorschein. Der 26-Jährige vermag das Stück nach eigenem Willen zu formen und in alle möglichen Aggregatzustände zu bringen, denn vor allem kann er äußerst leise spielen und bleibt dabei fingertechnisch höchst flexibel. Das alles wäre ganz wundervoll, würde sich der populäre Klassik-Held nicht für eine weichgespülte und überparfümierte Version entscheiden, als stamme die Musik von einer niedlich herausgeputzten Mozart-Puppe mit Silberperücke und Marzipanherz. Wem es um Dramatik und Esprit der B-Dur-Sonate geht, gibt sich in Anbetracht dieser Zuckerbombe lieber die Mozartkugel. Robert Schumanns C-Dur-Fantasie hinterlässt keinen besseren Eindruck, denn Lang Langs Gestaltungsprinzip, nach eigenen und nicht kompositorisch verbrieften Vorstellungen viele Stellen ins Pianissimo abzusenken, Forte-Akzente aber mit Brucknerscher Kulminationsgewalt herauszudonnern, greift sich nach einer Weile ab und führt zu nervtötender Vorhersehbarkeit. Lang Lang - das ist hier wie ein enorm intensives Gewürz, das mal an der rechten Stelle sein Aroma verbreitet (etwa im 3. Satz der Schumann-Fantasie oder einem folkloristisch-tänzerischem Stück von Enrique Granados), meistens aber die Komposition geschmacklich erschlägt. In einem Bündel chinesischer Volksmelodien, die Lang Lang nach der Pause spielt, sind Manierismen weniger störend, weil sich das vom Pianisten selbst stammende Klavierarrangement für eine improvisatorische Ausformung prädestiniert. Einer Selbst-Desavouierung kommt aber schließlich die Zugabe gleich, Chopins E-Dur-Etüde aus dem Band op. 10. Bekannt wurde das Stück durch die Vertextung "In mir klingt ein Lied". Weniger populär ist der dramatisch-virtuose Mittelteil. Lang Lang zieht dort das Tempo hektisch, aber ereignislos an. Wirklich große Chopin-Interpreten wie Perahia und Pollini untersagen sich solche äußerlichen Eskapaden. Doch Lang Lang wirkt ganz ungebremst - vielen Besuchern zum Vergnügen, manchen zum Missfallen.