Udo Jürgens — neue Lieder, alter Charme
Der Österreicher begeistert seine Fans in Düsseldorf als leichtfüßiger Showman, der singt und dabei viel zu sagen hat.
Düsseldorf. Die Zutaten sind wohlbekannt: Feiner Smoking, rotes Einstecktuch, riesiger Flügel, großes Orchester. Doch denen, die am Dienstagabend gekommen sind, um zu hören, was sie schon lange kennen, versalzt Udo Jürgens zunächst gehörig die Suppe. Statt nostalgischer Party-Stimmung mit Sahne und 66 Jahren schmettert der gebürtige Österreicher seinem Publikum, darunter auch Tochter Jenny, in der ersten Konzerthälfte allerlei unbequeme Wahrheiten in Form seiner neuen Lieder entgegen.
„Wir tragen die Krone der Schöpfung wie einen Karnevalshut“, sind „Gefangen im Netz, gegen jedes Recht und Gesetz“, und überhaupt: „Der Mann ist das Problem“. Udo Jürgens singt und wettert leidenschaftlich gegen Umweltverschmutzung, Selbstgefälligkeit und die totale Überwachung, hält der bösen Spezies Mensch vehement und unmissverständlich den Spiegel vor. „Ich bin halt einer, der sich Gedanken macht.“
Dazu hämmert er energisch in die Tasten seines Flügels, begleitet vom Bombast-Sound des Pepe Lienhard Orchesters, dessen Solisten mit spektakulären Einlagen immer wieder Szenenapplaus einheimsen. Auf der LED-Wand gibt es hier und da ein paar grafische Spielereien, alle Blicke sind aber stets auf den Mann am Klavier gerichtet.
Der lässt sein Publikum in der ausverkauften Electric Halle zwischen all den düsteren Untergangsszenarien immer wieder spüren, wie sehr er diesen Abend, diesen Beruf genießt. „Ich empfinde es als Gnade, immer noch hier vor ihnen stehen zu dürfen“, bekennt er ganz Gentleman-like schon nach wenigen Minuten. Und in der zweiten Hälfte spielt er dann auch die großen Trümpfe aus. Das Publikum steht und feiert, während der Entertainer leichtfüßig über die Bühne tänzelt.
Viele Hits wie „Aber bitte mit Sahne“, „Mit 66 Jahren“ oder „17 Jahr, blondes Haar“ werden in Medleys zusammengestaucht, für einige wie „Griechischer Wein“ nimmt er sich mehr Zeit. Den Evergreen spielt in einer reduzierten, eindringlichen Fassung mit ganz viel Schmerz und Wehmut. Jenes Lied, bei dem jeder reflexartig mitsingt und -schunkelt, erzählt schließlich auch eine Geschichte mit Tiefgang, die sein Verfasser verstanden wissen will.
Am Schluss streift er sich — natürlich — den weißen Bademantel über. Das Publikum tobt, lauscht andächtig „Merci Cherie“ und summt minutenlang „Liebe ohne Leiden“ vor sich hin. Dazu regnet es rote Rosen für den ewig jungen Entertainer, der an diesem Abend so viel mehr war: Querdenker, Mahner, Mit-auf-den-Weg-Geber. Einer, der was zu sagen und singen hat, und der — getreu dem Tour-Motto — „Mitten im Leben“ steht.