Vaughan Williams’ „Sea Symphony“: Alles Roger an der Reling

Sir Roger Norrington dirigiert Vaughan Williams’ „Sea Symphony“ bei den Düsseldorfer Symphonikern in der Tonhalle.

Düsseldorf. „Behold, the sea“ („Schau, das Meer“) — mit diesen Worten setzt der Chor ein in Ralph Vaughan Williams’ „Sea Symphony“, einer literarisch-musikalischen Hymne für Soli, Chor und Orchester auf den Zauber des Meeres. Auf dem Wort „sea“ rückt die Musik einen Halbton nach oben, verbunden mit einem Tonartwechsel vom dunklen b-Moll zum strahlenden D-Dur, was die imaginäre Lichtstimmung schlagartig aufhellt.

Diese Symphonie auf Gedichte von Walt Whitman (1819-1892) ist das Hauptwerk beim Konzert der Düsseldorfer Symphoniker und des Städtischen Musikvereins unter der Gastleitung des britischen Dirigenten Sir Roger Norrington in der Tonhalle.

Dieses 65-minütige Großwerk des jungen Vaughan Williams (1872-1958) aus dem Jahre 1910 wird hierzulande kaum gespielt, die Düsseldorfer Symphoniker beispielsweise studierten es nun zum ersten Mal ein. Mit Roger Norrington hat man gewissermaßen einen ortskundigen Kapitän an Bord bei der Fahrt durch unbekanntes Musikgewässer. Und offenbar kann er die Neugier der symphonischen Mannschaft wecken. Denn das Spiel des Orchesters wirkt hellwach und ambitioniert.

Unter Strom steht derweil der Chor, der in diesem Stück einen Riesenpart bewältigen und sich mit Orchester und zwei Gesangssolisten koordinieren muss. Dem Vernehmen nach gab es Orchesterproben mit dem Stardirigenten nicht im Überfluss, dafür bei der Tempowahl künstlerisch freie Umentscheidungen. Angesichts solch herausfordernder Umstände macht der Chor seine Sache glänzend. Am Freitag gab es beim Zusammenspiel kurze Holprigkeiten, die sich sicherlich bis Sonntag und Montag glätten.

Als Solisten konnten die englische Sopranistin Susan Gritton sowie der Bariton Michael Nagy gewonnen werden. Nagy sprang kurzfristig für den erkrankten Mark Stone ein und sang so souverän, als hätte er alle Proben mitgemacht.

Die ausführliche Rezension erscheint Montag, 26. März 2012 in der gedruckten Ausgabe der Westdeutschen Zeitung