Düsseldorf Werkverzeichnis: 6000 Werke von Uecker in einem Buch
Der Nagelkünstler erhält über die Kunstsammlung ein Werkverzeichnis, das Fälschern das Handwerk legen soll.
Düsseldorf. 1953 war Günther Uecker nach Düsseldorf gekommen, bis 1957 hatte er bei Otto Pankok an der Kunstakademie studiert. Seitdem arbeitet er. Besessen und zielstrebig. Bis zu 6000 Nagelreliefs, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Skulpturen und Installationen, Bühnenbilder und Aktionen sind in den letzten Jahrzehnten entstanden. Ein unermessliches Werk. Das soll jetzt in einem Werkverzeichnis eine erste kunsthistorische Einordnung erfahren. Der Nagelkünstler lud in sein Atelier im Hafen, um seine Kisten und Kästen, Ordner und Bücher auf zwei Etagen zu zeigen. Die Kunsthistorikerin Florence Thurmes, Wunschkandidatin von Günther Uecker und seiner Frau Christine, wird das Mammutwerk sichten. In drei Jahren soll das wissenschaftliche Ergebnis in Buchform und digital vorliegen.
Werkverzeichnisse kosten Geld und machen Arbeit. Aber sie sind wichtig angesichts der grassierenden Fälschungen, von denen auch Ueckers Werk nicht verschont bleibt. Immer wieder fragen Auktionshäuser um Rat. Der Künstler hat allein ein Dutzend Fälschungen aus dem Verkehr gezogen, die vermutlich von einem oder zwei Spezialisten angefertigt wurden.
Einem Glücksfall ist es zu verdanken, dass die Kunstsammlung noch während der erfolgreichen Uecker-Ausstellung im vorigen Jahr auf eine finanzkräftige Stiftung aufmerksam gemacht wurde. Museumschefin Marion Ackermann berichtet, wie sie den Freundeskreis des Städel-Museums 2015 durch die Uecker-Ausstellung führte und dabei verlauten ließ, sie würde gern ein Werkverzeichnis machen, hätte sie nur einen Geldgeber. Carl-Heinz Heuer aus Frankfurt gehörte zur Gruppe, die sie führte. Er wusste sofort Bescheid, wie er helfen kann, denn er ist das einzige Vorstandsmitglied der Kulturstiftung Kaldewei. Die Mittelständler aus Ahlen, Franz-Dieter und Michaela Kaldewei, sind durch ihre Firma für Badewannen bekannt. Dass sie Ende 2012 eine Kulturstiftung gegründet hatten, war noch nicht bis nach Düsseldorf gedrungen.
Und nun kam der Glücksfall: Sie waren sofort bereit zu helfen, ohne Anträge, ohne Gutachten. 300 000 Euro stehen bereit. Ackermann und Thurmes sowie die Kunstsammlung fungieren als Herausgeber. In drei Jahren soll das Ergebnis vorliegen, wenn Marion Ackermann längst nach Dresden als Generalintendantin entschwunden ist.
Die 36-jährige Florence Thurmes stammt aus Luxemburg, hat in Frankreich studiert und schon ein Werkverzeichnis für einen Luxemburger Künstler erstellt, bevor sie vor über Jahren als Kuratorin an die Landesgalerie kam.
Obwohl überaus versiert, stellt sie nun fest, dass bei Uecker vieles anders ist. Hier geht es um ein Werk, das in 59 Ländern weltweit gezeigt wurde. „Es hat Spuren hinterlassen und sich spiralförmig immer wieder weiterentwickelt“, sagt sie. Allein 1000 bis 1100 Kataloge gibt es, darunter 150 bis 200 Monografien. In Ueckers Atelier ist Thurmes gerade im Jahr 1961 angekommen. Es sei also viel zu tun.
Aber Günther und Christine haben auch beste Vorarbeit geleistet. Fotos liegen in sauber beschrifteten Kästen, Bücher sind in Regalen verstaut. Seit Jahrzehnten bringt ein Ausschnittdienst jede journalistische Meldung ins Haus. Da sich Uecker jedoch zeit seines Lebens nicht nur an eine einzige Galerie gebunden hat, muss vieles neu recherchiert und zugeschrieben werden.
Jeden Tag arbeitet er weiter. Derzeit lässt ihn die Erinnerung an das Jahr 1945 nicht los, als der 14-Jährige die angeschwemmten Leichen des zerbombten Flüchtlingsschiffes „Cap Arcona“ auf Befehl der Sowjets verscharrte. Mit weißen Tüchern will er nun die Stellen am Ostseestrand bedecken. Und in den nächsten Wochen stellt er in Rostock, Schwerin und Wolfenbüttel aus.