Lasst die Kinder in Ruhe!

Es ist schon seltsam: Selbst, Experten, die in den Profivereinen für die Sichtung von Fußballtalenten zuständig sind, warnen vor viel zu hohem Druck, der auf den Schultern der Kinder lastet. Doch viele Eltern wissen es besser: Sie sehen in ihrem Kind schon mit acht Jahren ein Supertalent, das mit aller Kraft gefördert werden muss.

Lasst die Kinder in Ruhe!
Foto: Sergej Lepke

Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wie sollen sportbegabte Kinder sonst gefördert werden, wenn nicht Mütter und Väter bedingungslos hinter dieser Entwicklung stehen und an einen guten Weg ihres Sprösslings glauben?

Im Fall des Scouting-Wahnsinns auf den Fußballplätzen geht es aber um etwas anderes. Die Profivereine seihen nach dem Sahnehäubchenprinzip die Besten aller Klassen von den Vereinen ab. Die zumeist schnellsten und motorisch ausgereiftesten werden zu Tests eingeladen — und vielleicht mehr. Um im „Wettrüsten“ ja nicht ein Kind an die Konkurrenz zu verlieren, mit dem sich Erfolge feiern und Geld verdienen lassen. Opfer dieses Wettbewerbs-Dilemmas ist auch der renommierteste Verein der Stadt: Selbst Fortuna Düsseldorf muss im Dunstkreis von gleich fünf Erstligisten bluten. Besonders offensiv sei momentan der langfristig championsleague-ambitionierte Nachbar aus Mönchengladbach. Geschäft eben!

Bei vornehmlich dem Breitensport verpflichteten Vereinen liegen die Dinge aber anders. Sie bieten Kindern aus dem Viertel oder der nahen Umgebung eine sportliche Heimat. Natürlich ist auch dort Leistung gefragt. Aber — idealerweise — nicht auf jenem Niveau schonungslosen Drills, das Kinder, die von der Entwicklung noch nicht so weit sind (oder niemals so weit sein werden), zu Verlierern degradiert und ihnen die Tür weist. Von diesem Leistungsdruck haben die Kinder schon in der Schule genug. Dass viele dieser Vereine mittlerweile darüber anders denken, steht auf einem anderen Blatt.

So sind am Ende die Eltern gefragt, den Ball flach zu halten und nicht den eigenen Ehrgeiz mit dem verständlichen Förderwunsch für das Kind zu verwechseln. Die besten Ratgeber sind in diesem Fall jene, die sich in ihrem Verein wohlfühlen: die Kinder selbst!