Düsseldorf Lucie Neumann feiert 110. Geburtstag
Die älteste Bürgerin der Stadt erinnert sich sogar daran, wie sie dem Kaiser zujubelte. Noch immer geht es ihr recht gut.
Düsseldorf. Bis auf ein paar Wehwehchen geht es Lucie Neumann noch recht gut. „Nur die Schulter macht ein bisschen Probleme, das hat man bei einer Operation verpfuscht“, klagt sie. Natürlich: So richtig fit ist die alte Dame nicht mehr, aber für ihr Alter geht es ihr richtig gut. Schließlich wurde Lucie Neumann am Freitag 110 Jahre alt — und ist damit die älteste Bürgerin dieser Stadt.
Der familieneigene Handwerksbetrieb in Berlin wurde 1961 verkauft und weil die Familie ihres Mannes in der Landeshauptstadt lebte, zogen beide nach Düsseldorf. „Wir wollten noch ein paar schöne gemeinsame Jahre verbringen, aber leider ist mein Mann 1964 verstorben“, erzählt die Seniorin. Seitdem ist sie überzeugter Single. Kinder hat sie keine. „Aber wenn ich mir die Welt heute so anschaue, dann ist es vielleicht besser so.“ In Berlin ist sie seitdem nie wieder gewesen.
Wer so alt ist, der hat unglaublich viel erlebt. „Ich könnte einen Roman schreiben“, ist sie sich sicher. Und das Erinnerungsvermögen funktioniert gut. „Ich weiß noch genau, wie ich mit meinem Vater an der Straße gestanden habe und Kaiser Wilhelm II. zugejubelt habe.“ Und das ist, man mag es kaum glauben, schon über 100 Jahre her. Zwei Weltkriege hat sie erlebt und vor allem überlebt. Bis zu ihrem 107. Lebensjahr hat sie noch in ihrer Wohnung in Gerresheim gelebt, bevor sie in das DRK-Zentrum gezogen ist. „Bei dem Umzug musste ich so vieles wegschmeißen, alles Erinnerungen. Dabei sind in meinem Alter das Einzige, was man hat - Erinnerungen.“
Reisen war ihr Hobby. Aber nicht ganz soweit weg, denn fliegen sei nicht so ihr Ding. Finnland, Marokko, Griechenland und Italien waren ihre bevorzugten Reiseziele. Außerdem liebt sie das kulturelle Leben dieser Stadt. Über 30 Jahre hatte sie ein Abonnement der Rheinoper, und das Schauspielhaus besuchte sie auch regelmäßig. Sportlich war sie ebenfalls. „Jahrelang bin ich durch den Wald gelaufen, habe mit dem Medizinball trainiert und bin geschwommen. Ich war immer sehr aktiv.“ Außerdem spricht sie mit Englisch und Französisch zwei Fremdsprachen. Doch was hat sich geändert in all den Jahren? „Das Leben ist sehr viel bequemer geworden. Früher bin ich mit dem Milchtopf oder dem Eierkörbchen zum Bauern gelaufen, heute steht alles im Regal.“
Jeden Tag liest sie Zeitung und studiert vor allem die Börsenkurse. „Bis vor einem Jahr habe ich meine Steuern noch selbst erledigt, aber das klappt jetzt nicht mehr.“ Für sie ist das Alter keine Last, im Gegenteil. „Ich habe mich nie dagegen gewehrt so alt zu werden.“ Aber eins ist ihr ganz wichtig: „Ich möchte immer noch mitmischen und nicht nur ein stummer Begleiter sein.“