Düsseldorf Junger Dirigent hebt Orchesterspiel
Der 29-jährige Aziz Shokhakimov leitet Düsseldorfs Symphoniker in der Tonhalle souverän.
Düsseldorf. Das 11. „Sternzeichen“ der Düsseldorfer Symphoniker war kein Gedenkkonzert, aber das Orchester widmete es einem verstorbenen Mitglied. Der langjährige Bassklarinettist Georg Stump war am 30. Mai tödlich verunglückt. „Nach 34 Jahren zählen wir uns zu seiner Familie“, sagte Tonhallen-Intendant Michael Becker in der Begrüßungsrede.
Auf dem lange im Voraus geplanten Konzertprogramm steht als Hauptwerk die Sechste Symphonie „Pastorale“ Ludwig van Beethovens, eine der heitersten und melodiösesten Kompositionen des Wiener Spät-Klassikers. Am Pult steht der Usbeke Aziz Shokhakimov (29), der derzeit jüngste Kapellmeister an der Deutschen Oper am Rhein. Schon einmal war er Gastdirigent beim Städtischen Symphoniekonzert in der Tonhalle und beeindruckte schon damals durch sein selbstbewusstes, musikalisch durchdachtes Dirigat. Und wieder folgten die Düsys dem jungen Mann bereitwillig ins Reich hoher musikalischer Ausdruckskraft.
Aziz Shokhakimov gehört zur Gruppe der Dirigenten, bei denen die hiesigen Symphoniker einen besonders vollen und plastischen Klang produzieren können. Shokhakimovs gestenreiche Zeichengebung mag nicht jedermanns Sache sein, doch das gehaltvolle musikalische Ergebnis spricht für sich. Der schwarzhaarige Jungdirigent setzt stark strukturierende Akzente und zeigt Sinn für Rhythmen und Dramaturgie des symphonischen Aufbaus. Der Klangkörper erinnerte an ein Schiff, das mit stark geblähten Segeln zügig und sicher vorankommt.
Schon im Eröffnungsstück, Maurice Ravels choreografische Tondichtung „La Valse“, empfiehlt sich Shokhakimov als eloquenter Interpret. Klangliche und rhythmische Finessen der Partitur brachte er sehr klar zum Vorschein. Der gespenstische Abgesang auf den Wiener Walzer unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs entfaltete seine makabre Gewalt. Das musikalische Panorama des groß besetzten Orchesterstücks changiert ja zwischen Eleganz, tänzerischer Ausgelassenheit und schauerlichen Abgründen. Und all diese Facetten kamen in der Darbietung der Symphoniker plastisch zum Ausdruck.
Für den Abend konnte auch ein Solist gewonnen werden: Pianist Severin von Eckardstein. Er ist sozusagen ein Düsseldorfer Gewächs, studierte Klavier unter anderem bei Barbara Szczepanska an der Robert-Schumann-Hochschule, bekam aber auch Privatunterricht vom großen Alfred Brendel. Er gehört mittlerweile zu den renommiertesten Pianisten seiner Generation, besitzt ein umfangreiches Repertoire. Ungemein klangsinnlich ist etwa seine CD mit Transkriptionen der Opern Richard Wagners. In der Tonhalle, wo er jetzt sein auffallend spätes Heimat-Debüt gab, spielt er den Solopart in Camille Saint Saens fünftem und letztem Klavierkonzert, dem sogenannten „Ägyptischen“. Das Stück klingt elegant und bravourös, verbunden mit eiserner Formstrenge.
Severin von Eckardstein beherrscht den technisch anspruchsvollen Klavierpart vollkommen. Seine Darbietung gelingt makellos und differenziert, Läufe funkeln und glitzern wie Diamantenketten. Auch lyrische Momente bestechen durch feines und ausdrucksvolles Pianospiel. Doch trotz all dieser Qualitäten wirkt Eckardsteins Spiel etwas unspontan und abgezirkelt. Alles läuft ab wie exakt berechnet, was ja im Metier des Musikers auch zum notwendigen Handwerk gehört. Doch eine Spur mehr Mut zum Risiko hätte seinem Spiel gewiss noch zusätzliche Spannung verliehen.
“ Noch einmal am Montag, 20 Uhr, in der Tonhalle. Infos gibt es unter www.tonhalle.de und unter der Rufnummer 899 6123.