Fasten „Man sollte Fasten nicht zu verbissen sehen“
Düsseldorf · Gemeinsam mit Pfarrerin Heike Schneidereit-Mauth denken wir über das Fasten nach. Und geben einige Tipps, auch zum Durchhalten.
Wir befinden uns mitten in der Fastenzeit – guter Grund, sich einmal darüber Gedanken zu machen, was es mit dem Fasten auf sich hat, wie es sinnhaft sein kann und vor allem, wie sich gute Vorsätze zum Fasten durchhalten lassen. Hierzu haben wir mit Pfarrerin und Mitglied der Kirchenkreisleitung des Evangelischen Kirchenkreises Heike Schneidereit-Mauth gesprochen.
Mäßigkeit ist eine Tugend, die uns hilft, das Gleichgewicht in unserem Leben zwischen Lust und Zurückhaltung zu wahren. Wie schwer das indes ist, erleben wir alle im täglichen Kampf mit unseren Lastern, Wünschen und Gelüsten. Fasten, ob religiös motiviert oder aus anderen Gründen, kann ein sehr hilfreicher Anstoß sein, sich des eigenen Verhaltens bewusster zu werden und durch wie auch immer gearteten Verzicht, zumindest für eine bestimmte Zeit, das Maß zu halten. Dabei ist Fasten in der evangelischen Kirche ein weniger strikt gesehenes Thema als in anderen christlichen Religionen. Wobei hier vieles im Fluss ist. Nicht zuletzt hat Luther sich gegen Fasten als eine Art Bußhandlung gewandt.
„Ich muss es nicht tun, aber ich darf es tun. Fasten ist etwas Freiwilliges“, erklärt Heike Schneidereit-Mauth den Standpunkt der evangelischen Kirche. Indes ist Fasten heute mehr Thema denn je, so etwa durch die Fastenaktion der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), die dieses Jahr unter dem Motto „Sieben Wochen ohne Lügen“ steht. Fasten muss nicht immer etwas mit Essen zu tun haben. Und damit ist zeitgleich auch schon ein erster wichtiger Tipp gefallen, wie man Fasten, wenn man es tut, besser durchhalten kann: Gemeinsames Fasten. „So verändert das Fasten im Idealfall nicht nur das eigene Bewusstsein, sondern das Bewusstsein der ganzen Gruppe“, sagt die Pfarrerin und betont zugleich, „es geht auch darum, sich selbst kennen zu lernen. Man kann durch das Fasten in Kontakt mit seinen eigenen Gefühlen kommen.“ Wenngleich bei religiös motiviertem Fasten natürlich auch andere Aspekte als diese „Selbstreflektion“ hineinspielen. Auch wenn wir uns nicht besonders gut darstellen müssen, um vor Gott gut zu sein, erläutert Schneidereit-Mauth, denn „Gottes Liebe kennt keine Grenzen“. „Gott wird beispielsweise nicht von uns erwarten, dass wir zu einer bestimmten Zeit anfangen zu beten. Da gibt es eine Großzügigkeit und trotzdem kann Beten oder Fasten sehr sinnvoll sein. Es ist aber kein Werk, das wir erfüllen müssen, um gerecht vor Gott zu sein“, sagt sie. Ohnehin helfe beim Fasten, sich die Frage zu stellen, was ich von dem Verhalten langfristig in mein Leben implementieren könne.
Wenn man sich schließlich dazu entscheidet zu fasten, sollte man zunächst die eigene Motivation klären, betont Schneidereit-Mauth. Dies helfe auch beim Durchhalten, vor allem wenn man sich realistische Ziele setzt, es schlussendlich „nicht zu verbissen sieht“. Es helfe, sich auch darüber Gedanken zu machen, auf welche Weise man sich belohnen könne im Prozess des Fastens. „Das Fastenbrechen ist somit durchaus wichtig“, sagt sie und natürlich gibt es Situationen, in denen es einfach nicht möglich ist zu Fasten.
Kranke, Kinder oder sehr alte Menschen sind ausgenommen. Doch wenn es um das kirchlich orientierte, spirituelle – so gesehen „eigentliche“ – Fasten geht, spielt auch der Zusammenhang, also Ostern oder auch Weihnachten, eine wichtige Rolle. „In evangelischen Kontexten ist es so, dass Menschen, die sich für das religiöse Fasten entscheiden, in der Regel so eingebunden sind, dass sie auch an Ostergottesdiensten teilnehmen“, sagt Schneidereit-Mauth auf unsere Nachfrage hin, ob Fasten nur Sinn mache, wenn man die Osterfeierlichkeiten als Ganzes in sein Leben integriert. Sie betont: „Rituale können sehr sinnvoll sein, wenn sie nicht entleert sind.“
Aber um auf das Durchhalten zurückzukommen: Sollte man mal zweifeln oder schwächeln, hilft sich immer wieder klar zu machen, wo der emotionale Gewinn für einen liegt. Beispielsweise das gute Gefühl, durchgehalten zu haben oder auch bewusst Raum für eine spirituelle Begegnung mit Gott oder sich selbst zu schaffen. Aber braucht man dafür eine bestimmte Zeit?