Medizinischer Verein in Düsseldorf: Helfen und heilen in Myanmar
Die Düsseldorfer Werner und Mallu Heller kämpfen mit ihrem Verein action.myanmar gegen die Armut.
Düsseldorf. Im Hausflur in Oberkassel lagern etwa 17 000 Einheiten Cortison. Zwei Räume weiter begutachten Mallu und Werner Heller kartonweise Medikamente und sortieren sie in wichtig, brauchbar und ungeeignet. Das Ehepaar hat schon Paletten, ja ganze Container mit Arzneimitteln verschickt nach Myanmar, das Land seiner Träume — und das Land seiner Sorgen.
Gold, Rubine, Diamanten, Kupfer, Öl, Erdgas, Jade. Myanmar — früher auch Birma oder Burma genannt — ist reich an Rohstoffen. Früher wurde das Land als „Kornkammer Südostasiens“ bezeichnet. Und doch ist der Staat mit über 54 Millionen Einwohnern einer der ärmsten der Welt.
„Wir haben uns sofort in dieses Land verliebt“, sagt Werner Heller. Der 72-jährige Orthopäde und Unfallchirurg, der noch in der Notfallambulanz des Evangelischen Krankenhauses arbeitet, und seine Frau Mallu, eine Grundschullehrerin, litten schon immer unter Fernweh. Ein Bekannter aus Düren, den die Liebe nach Myanmar verschlagen hatte, brachte das Paar dazu, ihn zu besuchen — und es war um die beiden geschehen.
Im Februar 2004 reisten die Hellers erstmals nach Südostasien, gerade sind sie zum 13. Mal da — und nicht nur zu Besuch. „Das ist unsere zweite Heimat geworden“, sagt Mallu Heller. Die beiden Düsseldorfer haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen im Rakhaing-Gebiet zu helfen.
Dort, nordwestlich der Fünf-Millionen-Stadt Rangun, gibt es traumhaft schöne Strände und bettelarme Einwohner. „Was die Tourismusbranche im Nachbarland Thailand an drei Tagen umsetzt, erreicht Myanmar vielleicht in einem Jahr“, sagt Werner Heller. Dabei sei Myanmar das letzte ursprüngliche Land Südostasiens.
Mallu Heller unterrichtete zu Beginn ihrer Hilfstätigkeit Deutsch und Englisch an Dorfschulen, nun steckt sie all ihre Kraft in ein Projekt, das den Fischern des Gebietes bei der Neubeschaffung von Booten hilft.
Denn die, und mit ihnen die Lebensgrundlage tausender Familien, hatte der Zyklon Nargis 2008 beinahe alle zerstört. Werner Heller versucht zu heilen. Hält Sprechstunden ab und sieht in vier Wochen Myanmar bis zu 1000 Patienten. „Mit Moskitos im Rücken und dem Schweiß im Nacken“, sagt er.
Um ihre Hilfe und Spenden besser koordinieren zu können, haben die beiden 2005 den Verein „action.myanmar“ gegründet. „Wir sind etwa 50 Mitglieder und verstehen uns als Verein für die medizinische Hilfe“, sagt Heller, und seine Frau fügt hinzu: „Bei uns landet jeder Spendeneuro bei den Bedürftigen, die Verwaltungsarbeit machen wir beide.“
Im Mitgliederkreis des Vereins finden sich mittlerweile auch Ärzte, die die Hellers auf ihren Hilfsreisen begleiten. Sie behandeln alles von Krätze über Missbildungen, „faule“ Zähne und orthopädische Notfälle bis zu Malaria und Tuberkulose. Die medizinische Versorgung im Land ist nach fast 50 Jahren Militärdiktatur katastrophal.
Ein richtiges Medizinstudium gibt es an keiner der drei Hochschulen. „Es werden so genannte Health Worker ausgebildet. Die sind gleichzeitig Arzt, Krankenschwester und Hebamme. Einer kommt auf etwa 1000 Einwohner“, erzählt Heller, der anfangs komplett ohne Instrumente behandeln musste.
Eine offizielle Genehmigung der Militärregierung hat action.myanmar nicht. „Aber Nicht-Regierungs-Organisationen werden meist geduldet“, sagt Heller. Er findet: „Das Land ist in den letzten Jahren sicherer und offener geworden.“ Früher musste man sich konspirativ treffen, um Hilfslieferungen abzusprechen, jetzt geht das einfacher.
Die Menschen in Myanmar sind den Helfern aus Düsseldorf dankbar. „Hier ist ein Arztbesuch ein gesellschaftliches Ereignis“, sagt Heller. Ganze Familien kämen gemeinsam und schauten bei der Behandlung zu.
Nach einer Sprechstunde bedanken sich die Myanmaresen mit Fisch oder Bananen. Der größte Dank für den Arzt waren die Worte eines Patienten: „Ein Mann sagte: Sie beide müssen in ihrem früheren Leben einmal Myanmaresen gewesen sein.“
Wenn die Hellers von ihrem aktuellen Trip nach Oberkassel zurückkehren, dann mit der Hoffnung im Gepäck, dass Myanmar sich nach langer Abschottung weiter öffnet. Für den 1. April hat die Militärregierung Wahlen angesetzt.
Nach 15 Jahren Hausarrest kandidiert auch die Friedensnobelpreisträgerin von 1991, Aung San Suu Kyi. Vielleicht sind diese Wahlen der nächste Schritt aus der Armut. Werner Heller jedenfalls findet: „Das Land hat ein unglaubliches Potenzial.“