Polizeistatistik: Immer mehr Fahrer flüchten nach Unfällen

Die Zahl der Unfallfluchten stieg von 5000 im Jahr 2008 auf fast 6000 im vergangenen Jahr. Die Polizei hat bereits reagiert.

Düsseldorf. 19. März 2011, kurz nach Mitternacht, Münchener Straße. Ein 24-Jähriger aus Willich hat sich betrunken auf die Schnellstraße verirrt. Da kommt ein Lkw heran, rammt den Fußgänger und überrollt ihn. Der junge Mann stirbt — der Fahrer flüchtet vom Unfallort.

Es ist der bekannteste Fall von Fahrerflucht im vergangenen Jahr. Aber längst nicht der einzige: Zwischen 1998 und 2008 stieg die Zahl der Unfallfluchten in Düsseldorf um rund 1000 Fälle (von 3943 auf 5003). Im vergangenen Jahr gab es dann 5990 Fälle — ein Anstieg von wiederum fast 1000 Unfallfluchten, in nur drei Jahren.

Die Polizei hat auf den Trend reagiert und vor rund einem Jahr ein spezialisiertes Unfallaufnahmeteam eingerichtet. „Wir können nach einer Unfallflucht den Tatort nicht versiegeln, der Verkehr fließt bald wieder“, erklärt Gundolf de Riese-Meyer vom Verkehrskommissariat.

„Deshalb brauchen wir Spezialisten, die schnell Spuren sichern.“ Das geschah auch im Fall Münchener Straße. Mit Erfolg: Durch Scheinwerfer-Teile konnten die Ermittler das Lkw-Modell und sogar die Baureihe bestimmen, nach nicht einmal zwei Wochen wurde ein 45-jähriger Berufsfahrer überführt.

Eine Anklage gegen den Mann gibt es bisher aber noch nicht. Er behauptet, den Aufprall nicht bemerkt zu haben. „Ein Gutachter will den Unfall jetzt nachstellen“, erklärt Staatsanwalt Ralf Herrenbrück — vermutlich sogar auf der Münchener Straße.

Fast 70 Prozent der Unfallfluchten nach Unfällen mit Verletzten kann die Polizei aufklären. Und sollen mehr werden: Die Zahl der Spezialisten im Aufnahmeteam wurde bereits von anfangs acht auf jetzt 14 aufgestockt.

Die Botschaft ist klar: Unfallfahrer sollen nicht entkommen können — und auf ihre Tat steht immerhin eine Strafe von bis zu drei Jahren Haft. In einem besonders schwerwiegenden Düsseldorfer Fall ermittelt die Polizei sogar wegen eines versuchten Tötungsdeliktes: Am 30. November 2010 stürzte ein betrunkener Mann offenbar an der Huschbergerstraße, ein Autofahrer überrollte ihn — und flüchtete, ohne dem Schwerstverletzten zu helfen. Der 30-Jährige lag anderthalb Monate im Koma, inzwischen hat er sich erholt — erinnert sich an den Unfall allerdings nicht.

Durch Spuren und ein Überwachungsvideo schlechter Qualität konnte die Polizei bestimmen, dass der Fahrer einen Ford-Mondeo fuhr. Das Kennzeichen war auf den Bildern nicht zu erkennen. „Ich habe aber die Hoffnung, dass dies irgendwann mit neuer Software gelingt“, sagt de Riese-Meyer. „Die Sache ist nicht abgeschlossen.“