Mehr als 100 Bedürftige essen täglich in der Armenküche

Seit 20 Jahren wird am Burgplatz für arme Düsseldorfer frisch gekocht. 60 Menschen engagieren sich dort ehrenamtlich.

Düsseldorf. Marion Gathers kleines Büro ist spartanisch eingerichtet: Ein Tisch für zwei Personen, wenige Akten, die Fensterbank dient als Schreibtisch. „Ich wollte keine Barrieren schaffen, indem ich in den Raum einen Schreibtisch stelle“, sagt sie. Wer in ihr Büro kommt, sucht Hilfe bei persönlichen Problemen. Und muss eine Hürde überwinden. Denn die Düfte aus der Küche im Nebenraum geben einen Hinweis darauf, wo die Sozialarbeiterin ihr Büro hat: In der Altstadt-Armenküche. „Unsere Gäste lassen sich lieber draußen im lockeren Gespräch beraten. Wenn ich dann vorschlage, in mein Büro zu gehen, lehnen viele ab“, sagt sie.

Seit 20 Jahren gibt es die Armenküche, seit 18 Jahren ist sie Gathers Arbeitsplatz. Sie ist eine von fünf Teilzeitkräften, die in dem Verein „Altstadt-Armenküche“ angestellt sind. Mehr als 60 Ehrenamtler unterstützen das Team. Mittagessen ist von 12.30 bis 14.30 Uhr. Der Arbeitstag beginnt wesentlich früher, denn alles wird frisch gekocht. Und das für rund 100 Gäste, die täglich kommen. „Zum Monatsende hin, wenn das Geld knapp wird, sind es bis zu 140. Dann ist unsere Grenze erreicht, mehr fassen unsere Töpfe nicht“, sagt Gather.

Als eine kleine Gruppe Düsseldorfer rund um Dominikanerpater Emmanuel Renz und Schwester Bonosa Schumacher die Armenküche 1992 gründete, kamen rund 40 Gäste pro Tag. Gedacht war sie als klassisches Angebot für Wohnungslose. Laut Statistik sinkt diese Zahl zwar, doch die Bedürftigkeit bleibt: „Das liegt daran, dass die Stadt mehr Leute in Wohnraum vermittelt. Doch viele kommen nicht zurecht, einige sind schnell wieder auf der Straße, weil sie oft nicht wissen, welche Ansprüche sie geltend machen können.“ Die Sozialberatung ist darum neben der Küche ein wichtiger Teil geworden, hinzu kommt die Lobbyarbeit. „Wir wollen nicht die Armut verwalten, wir wollen sie bekämpfen.“

In dem Speiseraum, der liebevoll gedeckt und mit frischen Blumen geschmückt wird, können 16 Personen essen. Ein Tisch im Vorraum bietet Platz für weitere Esser. „Wer lange auf der Straße lebt, hält es in geschlossenen Räumen nicht aus. Der Tisch ist ein Kompromiss.“

Egal, wer kommt, er bekommt Essen. Niemand wird nach einem Nachweis seiner Bedürftigkeit gefragt, keiner wird kontrolliert. „Wer hier nicht reinkommt, kommt nirgendwo rein“, erklärt Gather. Sie hat viele kommen und gehen sehen. „Wir haben hier Lehrer, Akademiker, ehemalige Geschäftsleute, irgendwann ist in deren Leben etwas passiert. Andere können nicht kochen, weil der Strom abgestellt wurde.“ An einen Fall kann sie sich besonders erinnern: „Das war ein Mann, der in der Altstadt Platte gemacht hat. Er kam zum Essen in einem frisch gewaschenen weißen Hemd und hatte seine Sachen in einer Aktentasche.“ Er sei irgendwann nicht mehr gekommen, hat den Absprung geschafft.

Ausschließlich über Spenden finanziert sich der Verein. Den 20. Geburtstag feiert er mit einem „Essen für Arme und Reiche“ am Samstag auf dem Burgplatz. Eine wichtige Veranstaltung, auch um Berührungsängste abzubauen.