Nachtbus versorgt immer mehr Obdachlose

Die Mitarbeiter des Gutenachtbus geben Menschen ohne Wohnung warme Getränke, Decke — und haben ein offenes Ohr.

Nachtbus versorgt immer mehr Obdachlose
Foto: Melanie Zanin

Die Nächte im Winter sind lang und kalt. Das spürt jeder, wenn es noch beim Aufstehen und beim Heimweg nach der Arbeit schon wieder dunkel ist. Besonders spüren das aber die Menschen, die nicht einfach nach Hause gehen, eine warme Tasse Tee trinken und es sich mit einer Decke auf der Couch gemütlich machen können. Für Menschen ohne Wohnung sind diese kalten Nächte besonders schwer — und auch gefährlich. Für sie ist der Gutenachtbus im Einsatz. Nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über versorgt das Team sie mit warmer Kleidung, Essen und Getränken — und einem offenen Ohr.

Alles begann genau vor sechs Jahren. Schon Mitte 2011 hatten Bruder Peter Amendt vom Verein „Vision: Teilen“ und Hubert Ostendorf vom Obdachlosenmagazin Fifty-fifty die Idee, auch nachts mit einem Bus für Menschen ohne Wohnung ansprechbar zu sein und so eine Lücke im Hilfssystem zu stopfen. Beide Organisationen sind auch heute noch Träger des Projektes. Am 6. Dezember 2011 stand der Bus dann das erste Mal vor dem Kom(m)ödchen in der Altstadt.

„Da waren vielleicht vier oder fünf Leute da“, sagt Julia Kasprzyk. Die 26-jährige Sozialarbeiterin war von Anfang an beim Projekt dabei und hat daher die ganze Entwicklung mitbekommen. Mittlerweile sind es 80 bis 100 Personen, die das Angebot jede Nacht nutzen. Auch das Angebot selbst hat sich in den letzten sechs Jahren verändert. Die ursprüngliche Idee war es, einen Bus zur Verfügung zu stellen, in dem sich die Leute aufwärmen können. Dass das rein technisch nicht möglich ist, habe sich bald herausgestellt — der Wagen ist zu klein für viele Personen.

Stattdessen finden Wohnungslose hier Essen, Kleidung und Schlafutensilien. Der Bus ist eine echte Schatzkiste. Öffnet man die hintere Türe, findet man Kisten und ein Regal mit Pullovern, Socken und anderer Kleidung — sorgfältig sortiert, zudem Schlafsäcke. Im großen Innenraum ist ein Schrank mit allerlei rundum Kaffee und Tee sowie Hygieneartikel. „Wenn wir fahren, sind die Sitze mit Essen voll beladen“, sagt Kasprzyk. Da gibt es Brötchen, Salat und auch warme Speisen. Die kochen an zwei Tagen private Helfer, an den anderen beiden Tagen werden sie von der Brauerei Schumacher und vom Schweinske in der Altstadt zur Verfügung gestellt. Unter dem Beifahrersitz versteckt ist dann noch eine große Ladung Hundefutter.

Aber auch Infomaterial haben die Helfer immer dabei — zum Beispiel zu den Notschlafstätten. Manchmal reicht aber auch einfach ein offenes Ohr. „Man kommt natürlich auch mit den Leuten ins Gespräch — über Nöte und Sorgen, aber auch über Alltägliches“, sagt die Sozialarbeiterin. Dieser persönliche Kontakt sei wichtig.

Denn so können sich die Mitarbeiter auch für die Betroffenen einsetzen — und eine Besserung ihrer Lage erreichen. Im vergangenen Jahr zum Beispiel war eine Winternotschlafstelle, in der auch Hunde und Paare zugelassen sind, nur temperaturabhängig geöffnet worden — ob sie in einer Nacht Menschen aufnimmt, wurde im Laufe des Tages bekannt gegeben. Das sei nicht besonders praktikabel gewesen. „Es war einfach schwierig, die Menschen so kurzfristig zu informieren“, sagt Kasprzyk. Also haben sich die Sozialarbeiter bei der Stadt für eine durchgehende Öffnung im Winter starkgemacht. In diesem Jahr schon stehen die Betten jeden Tag von November bis März zur Verfügung.

Vor sechs Jahren war der Bus nur an zwei Tagen die Woche im Einsatz. Mittlerweile sind es vier — von Montag bis Donnerstag. Zuerst steht der Wagen ab 22 Uhr am Kay-und-Lore-Lorentz-Platz, zwischen Kom(m)ödchen und Andreaskirche, dann macht sich das Team gegen 23 Uhr auf den Weg zum Bahnhof, wo er an der Ecke Karlstraße/Friedrich-Ebert-Straße bereit steht.