Nazi-Zeit: Hunderte Geschäfte wurden „arisiert“

Vor dem Carsch-Haus bauten sich 1933 SA-Wachen auf, aus der Tietz AG wurde der Kaufhof.

Düsseldorf. Die Kritik der Jüdischen Gemeinde an den Jubiläumsfeierlichkeiten des Bettengeschäfts Hönscheidt lenkt den Blick auf eines der traurigsten Kapitel der Düsseldorfer Stadtgeschichte.

Aufgearbeitet hat es der Düsseldorfer Historiker Frank Sparing in einer Broschüre für die Mahn- und Gedenkstätte. Thema: „Die ’Arisierung’ jüdischen Eigentums in Düsseldorf während des Nationalsozialismus.“

In dem Büchlein sind zahlreiche Beispiele dokumentiert: Die vielleicht prominentesten sind das Carsch-Haus und der Kaufhof. Schon 1933 gab es etwa Boykott-Aktionen von SA-Leuten vor dem Eingang des Kaufhauses Carsch. „Kauf nur bei Deutschen!“ stand da auf Schildern, die Wachen hielten Kunden zum Teil gewaltsam davon ab, das Gebäude zu betreten.

Schließlich wurde die Firma Gustav Carsch & Cie „unter dem Druck der Verhältnisse“ an den Prokuristen Fritz Seifert verkauft. Der übernahm auch das Haus an der Heinrich-Heine-Allee, das Firmeninhaber Paul Carsch bis dahin persönlich geführt hatte. Er erhielt eine Rente von 1500 Reichsmark monatlich, später wurde die Zahlungen gekürzt, dann eingestellt.

„Insgesamt gab es wohl mehrere Hundert solcher Arisierungen“, sagt Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte. Auch die Leonhard Tietz AG ereilte dieses Schicksal, obwohl die Geschäftsführung noch versuchte hatte, sich mit der Entlassung von jüdischen Angestellten politisch zu entlasten. Seit 1909 unterhielt das Unternehmen eine Filiale an der Königsallee, 1933 wurde es dann zur „Westdeutsche Kaufhof AG“.

1935 setzt laut Sparing dann eine regelrechte „Arisierungswelle“ ein. Nur noch 250 bis 300 von 6000 Einzelhandelsgeschäfte waren im Besitz jüdischer Unternehmer. So verkauften auch die Gesellschafter von Coppel & Goldschmidt — Witwe Coppel und Schwiegersöhne Albert Gumbertz und Alfred Jonas — unter dem herrschenden Druck ihr Geschäft an der Schadowstraße 13 - 19.

Als 1938 die Grundsteuervergünstigungen für Juden entfielen, konnten viele die geforderten Steuernachzahlungen nicht begleichen. So beschlagnahmte das Finanzamt die restlichen Grundstücke, die sich noch im Besitz der alten Gesellschafter befanden. Jonas starb 1938 in den Niederlanden, ein Großteil seiner Familie wurde deportiert und ermordet.

Besonders viele von Juden geführte Geschäfte mussten dann nach den Verwüstungen in der Pogromnacht Konkurs anmelden, unter anderem das Bettenhaus Schwarz an der Schadowstraße. Insgesamt 80 Prozent der Geschäfte wurden in Düsseldorf zerstört.

Das Schicksal noch verbliebener jüdischer Geschäftsleute besiegelte dann kurz nach der Pogromnacht eine Anweisung aus dem Reichswirtschaftsministerium. Das Ziel: „Die „Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben.“