Düsseldorf Nebenjobs: „Zeit für mich habe ich wenig“
Von Job zu Job — für diese Düsseldorfer ist das ganz normal. Sie tun es, um Reisen, Miete oder Schuhe bezahlen zu können.
Düsseldorf. Zu Schulzeiten glaubt man immer, nach dem Abschluss werde man im Studium endlich viel freier sein, habe weniger durchgetaktete Tage. Dann im Studium wird nebenbei gejobbt, um die Miete und vielleicht auch mal ein Bier auf einer dieser Studi-Partys zu bezahlen — und man sagt sich: Nach dem Abschluss, endlich mit einem richtigen Beruf, wird das ja alles anders und das Leben endlich ruhiger. Für viele Düsseldorfer aber bleibt diese Ruhe ein Wunsch. Denn immer mehr Menschen in der Stadt jobben auch neben dem Hauptberuf noch: 2015 hatten über 25 000 Düsseldorfer einen Minijob neben ihrer eigentlichen Arbeit (siehe Text unten).
Jill Lindhorst ist eine von denen, bei denen es irgendwie nicht ruhiger wird. Die 34-Jährige hat Kommunikationswissenschaft studiert, nebenher eine staatliche Tennistrainerausbildung absolviert. Sie arbeitete dann zunächst als Tennistrainerin, verdiente sich nebenbei als Erzieherin mit einer reduzierten Stelle etwas hinzu. „2011 habe ich das dann herumgedreht“, berichtet sie. Zuletzt war sie an einer Grundschule in Düsseltal und hatte zusätzlich einen Minijob beim Tennisverband in Essen. „Dann habe ich die Schule schweren Herzens aufgegeben.“ Seit Juli arbeitet sie Vollzeit beim Verband.
Nein, ruhiger geworden ist es auch seither nicht. Im Gegenteil. Neben ihren Tennisstunden — viele davon gibt sie ehrenamtlich, um ihren Verein zu unterstützen — hat sie mit zwei anderen Tennisspielerin den Youtube-Kanal „Bouncing Balls“ ins Leben gerufen, auf dem die Damen mal in High-Heels, mal im Dirndl Tennis spielen und allerlei weitere Herausforderungen meistern. „Das bringt noch kein Geld — könnte es aber mal“, strahlt Jill Lindhorst.
Ihre Motivation ist natürlich die Liebe zum Sport: „Das Tennistraining war immer meine Leidenschaft.“ Aber nicht nur die. „Ich fahre fünf Mal im Jahr in Urlaub — dafür braucht man Geld“, gibt die junge Frau zu. Der nicht-monetäre Preis, den sie für ihren Luxus zahlt, ist allerdings ebenfalls hoch: „Ich gehe um 7 Uhr morgens aus dem Haus und komme um 23 Uhr wieder. Zeit für mich habe ich wenig. Aber ich kenne es ja nicht anders.“
So geht es auch der Düsseldorferin Susi Schumann. Die 24-Jährige hat schon während ihres Studiums gekellnert — jetzt ist sie zwar festangestellt in der stationären Jugendhilfe, arbeitet in einer Wohngruppe für Jugendliche. Aber der Nebenjob ist geblieben. „Es ist eine kleine Absicherung“, erklärt sie. „Der Job ist befristet. Selbst wenn ich gekündigt werde, kann ich meine Miete weiter zahlen.“ Und dann fügt sie mit einem Grinsen hinzu: „Und man hat ein besseres Gewissen, wenn man sich teure Schuhe kauft.“
In ihrer WG ist der Nebenjob Trend. Auch Denise Lafleur (23), die mit Susi Schumann in Wersten wohnt, arbeitet neben ihrer Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau in der Gastronomie. An der längsten Theke der Welt, um genau zu sein. „Du hast den Ausgleich zwischen Altstadtpublikum und Anzugträgern“, schildert sie den Reiz. Bedeutet allerdings: Freitags geht sie um 8 Uhr aus dem Haus zur Ausbildung, von dort dann weiter in die Altstadt und kommt am nächsten Morgen um 4 Uhr heim. Aber sie weiß, wofür sie das auf sich nimmt: Sie spart auf ein Auslandsjahr in Australien. Ein ruhiges Leben — das wird noch warten müssen bis zu ihrer Rückkehr aus Down Under. Oder vielleicht auch noch länger.