Ohne Turbo zum Abitur: Gesamtschule als Alternative

Manche Familien entscheiden sich bewusst nicht fürs Gymnasium, sondern für die Gesamtschule — auch um „G8“ zu umgehen.

Düsseldorf. Seit sieben Jahren gibt es nun das Turbo-Abitur (G8) an den nordrhein-westfälischen Gymnasien und viele sind der Meinung, dass sich dadurch die Belastung von Schülern und Eltern merklich erhöht hat. Trotzdem hält in Düsseldorf wie anderswo der Run auf die Gymnasien an, verstärkt sich gar. Es gibt aber auch Familien, die einen anderen Weg zum Abitur einschlagen und sich dabei bewusst gegen das Gymnasium entscheiden.

Viertklässler Finn Oberländer zum Beispiel wird ab dem Sommer die Hulda-Pankok-Gesamtschule besuchen. Bei der Entscheidung hat auch eine Rolle gespielt, dass dort das Abitur weiter neun Jahre dauert (G9): „Die jungen Leute brauchen das Jahr, sich zu entwickeln“, sagt Finns Mutter Nicole.

Sie hat zudem von anderen Eltern mitbekommen, was G8 für viele bedeutet: „Die haben unheimlich viel Nacharbeit am Nachmittag mit den Kindern. Da fehlt offenbar im Unterricht die Zeit für Wiederholung.“ Von ihrem älteren Sohn weiß sie, dass das an der „Hulda Pankok“ anders ist. In der fünften Klasse seien die Lehrer gerade in Deutsch und Mathe erstmal behutsam gestartet.

Nicole Oberländer findet außerdem gut, dass die Hausaufgaben größtenteils gemeinsam in der Schule gemacht werden. Es gebe einen stressfreien Tagesrhythmus mit 60-Minuten-Einheiten und langer Mittagspause.

Schulleiterin Alexandra Haußmann freut sich über solche Einschätzungen. Nach ihren Angaben hat die Schule regelmäßig rund ein Drittel Anmeldungen von Kindern mit Gymnasialempfehlung. Den Erfolg führt sie natürlich auch auf das Schulklima zurück. Aber sie weiß auch, dass so etwas sich verselbstständigt. Durch die Mischung bleibt die Schule auch für Bildungsbürger attraktiv.

Das ist nicht an allen Gesamtschulen in der Stadt so, andere haben eine größere Zahl von Bewerbern mit Real- und Hauptschulempfehlung. Das wird auch dadurch gefördert, dass die Hauptschulen seit Jahren an Prestige verlieren und immer weniger ausgewählt werden. Die Dieter-Forte-Gesamtschule wirbt aber damit, dass sie viele dieser Schüler durch konsequente Förderung entgegen der Prognose zum Abitur bringt.

Für die Hulda-Pankok-Schule hat sich auch Familie Adler entschieden, Sohn Nepomuk ist dort in der 5. Klasse. Seine Mutter Monika Adler findet es gut, dass Entscheidungen wie die zweite Fremdsprache oder Leistungskurse hier erst später getroffen werden müssen. Ihre älteren Kinder haben das als Gymnasiasten schon hinter sich.

So ganz können aber weder Oberländers noch Adlers dem Druck durch G8 aus dem Weg gehen, da sind sich beide Familien einig. „Der ist mittlerweile schon in den Grundschulen angekommen“, lautet unisono die Einschätzung. Dort werde in den vierten Klassen schon Stoff behandelt, der früher erst in der weiterführenden Schule an der Reihe war.