Radverkehr Die seltsame Radverkehrsführung der Zukunft am Kö-Bogen I in Düsseldorf
Düsseldorf · Trotz neu gebauter Radfahrer-Brücken stranden Radler an den Libeskind-Bauten künftig in einer Fußgängerzone. Die Empfehlung des Verkehrsamtes ist dabei recht verblüffend.
Fahrradfahrer dürften sich bald wundern. Mitten in der Innenstadt endet für sie die Freiheit. Denn wenn sie über die neu gebauten Fußgänger- und Radfahrerbrücken an der Landskrone Richtung Kö auf die große Fläche rund um die Libeskind-Bauten fahren, finden sie sich eigentlich schon jetzt in einer Fußgängerzone wieder. Es fehlt – durch die Baustellensituation – nur noch die Beschilderung.
In der entgegengesetzten Richtung sieht das anders aus. Vom Corneliusplatz aus kommend müsste den Radler eigentlich schon das Fußgängerzonen-Schild stoppen. Tatsächlich fahren dort aber täglich unzählige Radfahrer entlang. Kein Wunder, denn zwischen dem Radweg auf der Kaiserstraße und der Kö ist das der direkteste Weg. Aber den soll es bald nicht mehr geben, das gesamte Areal rund um die Libeskind-Bauten bis runter zur Schadowstraße (die ja schon eine ist) soll eine Fußgängerzone werden. Und die Alternativen des Amtes für Verkehrsmanagement für Radler sind recht verblüffend.
Denn um eines bemüht sich die Stadt derzeit sehr: Dass sie Fahrrad-freundlicher wird. Das Radhauptnetz wird ausgebaut, auf der Fischer-/Kaiserstraße oder der Klever Straße wurde den Autos rigoros je eine Spur genommen, um dort Radler fahren zu lassen. Und auch der Zankapfel Umweltspur soll die Menschen aus den Autos und in Busse, Fahrgemeinschaften oder eben aufs Fahrrad bringen. Tatsächlich gibt es am Kö-Bogen, einem der größten Bauprojekte der Stadt, noch überhaupt keine endgültige Idee, wie der Radverkehr künftig geleitet werden könnte. Dafür aber viele Fragezeichen.
„Noch ist am Kö-Bogen I wegen der Baustelle am Kö-Bogen II alles etwas ungeordnet und die Radfahrer werden geduldet. Das soll so aber nicht bleiben“, sagt Lutz Schwarz vom Verkehrsamt. Und was sollen die Radfahrer dann machen, wenn sie vom großen Radweg auf der Kaiserstraße durch den Hofgarten über die von der Stadt selbst ja so genannten Fußgänger- und Radfahrerbrücken Richtung Corneliusplatz fahren? „Absteigen“, sagt Schwarz.
Absteigen. Ist das Fahrrad-freundlich? „Nun, Radfahrern sind kleinere Umwege eher zuzumuten als Fußgängern. Und von Fußgängern bekommen wir unendlich viele Beschwerden über Radler in Fußgängerzonen. Deshalb muss man das hier trennen.“
Ob die Radfahrer auch der Meinung sind, dass ihnen Umwege zuzumuten sind, ist fraglich. Künftig – so der Plan – sollen die Radfahrer am Kö-Bogen I also entweder absteigen und schieben oder gar nicht erst über die neuen Brücken am Ufer fahren, sondern den Weg durch den Hofgarten (oberhalb der nördlichen Düssel) und über die Goldene Brücke zum Corneliusplatz nehmen. Wer jetzt noch nicht vollends verwirrt ist, kann auch über die zweite Möglichkeit nachdenken: Radfahrer fahren ab der Maximilian-Weyhe-Allee östlich der Bahnschienen über die Düssel (dritte Brücke) und dann weiter Richtung Schadowstraße (wo sie dann mit der Schadowstraße trotzdem eine Fußgängerzone kreuzen), anschließend können sie über die Immermannstraße oder den Martin-Luther-Platz die Kö erreichen. Wo genau dieser zweite Radweg nördlich vom Kö-Bogen beginnen soll, weiß niemand – auch hier ein großes Fragezeichen. Denn die Verkehrsführung für Radfahrer vorbei am Theatermuseum gibt es noch nicht. Was es dort gibt, ist wenig Platz. Irgendwie müssten die vom Radweg Kaiserstraße und durch den Hofgarten kommenden Radler die mehrspurige Kaiserstraße an der Jägerhofstraße noch überqueren, um auf die andere Seite der Schienen zu gelangen.
Radfahrer, die die Wege des Radhauptnetzes befahren und in einer Fußgängerzone „stranden“, um dann Umwege fahren oder schieben ´zu müssen – das kann dem ADFC nicht gefallen. „Ich hatte gehofft, dass die Fußgängerzonen-Schilder rund um den Kö-Bogen ein Irrtum sind. Schade, dass es nicht so ist“, sagt Jan-Philipp Holthoff. „Man landet eh schon überall in der Stadt im Chaos. Und die Ausweichrouten, die hier angeboten werden, halte ich nicht für gut.“ Zu dunkel, zu eng und unübersichtlich und dadurch mit noch mehr Konfliktpotenzial behaftet sei der Weg durch den Hofgarten und über die Goldene Brücke. Und die Schadowstraße zu kreuzen, ist für ihn auch keine Option. „Hier trifft man auf regelrechte Fußgängerströme.“
Es gibt aber noch Hoffnung: Zunächst soll, nach Abschluss der Bauarbeiten am Kö-Bogen II in etwa eineinhalb Jahren, beobachtet werden, wie es rund um den Kö-Bogen I läuft. Wenn eine „friedliche Koexistenz“ von Radlern und Fußgängern möglich ist, dann werde vielleicht doch noch die Entscheidung gefällt, hier beides zuzulassen. Ansonsten folgen nach einer gewissen Karenzzeit die Kontrollen: Dann gibt es für das Radfahren am Kö-Bogen eine Knolle.
Aber gibt es diese friedliche Koexistenz nicht schon jetzt? Lutz Schwarz sieht das nicht so. Wenn etwa die Restaurants an der Nördlichen Düssel im Sommer ihre Außenterrassen aufgebaut hätten, sei der Platz, den die Verkehrsteilnehmer sich hier teilen, zu schmal, und es komme unweigerlich zu Konflikten – und dann gibt es ja auch noch die E-Scooter, für die ebenfalls ein Fußgängerzonen-Verbot greifen würde. Das sieht Jan-Philipp Holthoff ganz anders. Seiner Meinung nach ist es kein Problem, dass Rad und Fußgänger und andere diesen Verkehrsraum nutzen. Denn der sei weitläufig genug. „Hier sind doch bei weitem nicht so viele Fußgänger unterwegs, wie etwa auf der Schadowstraße. Ich würde das hier für Radfahrer und Fußgänger freigeben“, sagt er. Beziehungsweise es lassen, wie es ist. Denn die Interimslösung besteht hier schon seit Jahren.
Die Polizei kann dazu nur so viel sagen: In diesem Jahr gab es keinen einzigen registrierten Unfall mit Radfahrern und/oder Fußgängern. Wobei solche Unfälle natürlich nicht immer der Polizei gemeldet werden.
Ob Umweltspur oder Radwege: Das Verkehrsmanagement der Stadt kann es, so Schwarz, eigentlich ohnehin niemand recht machen. Im Falle der Verkehrsführung rund um den Kö-Bogen wird das wohl auch der Fall sein.