Finanzkrise in Düsseldorf Stadt ist auf Rekordkurs bei Steuereinnahmen
Düsseldorf · Mit mehr als 1,5 Milliarden Euro an Gewerbesteuern rechnet die Stadt für dieses Jahr. Die Kämmerin mahnt dennoch zur Vorsicht.
Die Finanzlage der Stadt entwickelt sich deutlich besser als gedacht. Vor allem die Gewerbesteuer sprudelte zuletzt plötzlich in ungeahnten Höhen, sodass für das Ende des Jahres absolute Rekordwerte anzunehmen sind, wie dem für den Haupt- und Finanzausschuss am Montag vorliegenden Controllingbericht zu entnehmen ist. Das führt dazu, dass nicht mehr wie geplant von einem Gesamtjahresergebnis mit einem Minus von mehr als 200 Millionen Euro für 2023 ausgegangen wird, sondern einem Plus von 120,6. Um satte 331,5 Millionen Euro würde sich die Lage also verbessern – zumindest nach Stand zum Stichtag 31. August. Erwartete Einnahmen über die Gewerbesteuer: 1,55 Milliarden Euro. „Die inflationsbegründeten Preissteigerungen haben zu steigenden Gewinnen der Unternehmen geführt“, heißt es im Bericht. Kämmerin Dorothée Schneider verweist im Gespräch mit der Redaktion zudem auf „Einmaleffekte“, die noch auf Sonderregelungen während der Pandemie zurückzuführen sind.
Kämmerin mahnt, auch Verschlechterungen seien möglich
Schon im Bericht zur ersten Jahreshälfte hatte Schneider Verbesserungen präsentiert. Allerdings war sie da noch von einem deutlich negativen Jahresergebnis im dreistelligen Millionenbereich ausgegangen. Sie hatte im Fachausschuss erklärt, dass man noch weit von einem Ausgleich entfernt sei. Jetzt sagt Schneider: „Das war damals so nicht zu erwarten.“ Die Kämmerin mahnt trotz der positiven Entwicklung zur Vorsicht, das Jahr sei noch nicht zu Ende, auch Verschlechterungen seien möglich. Aus der gesamtwirtschaftlichen Lage und den Krisen in der Welt ergeben sich laut Schneider einige Risiken. Ein Beispiel zum Hintergrund: Denkbar ist etwa, dass aufgrund von Pleiten großer Unternehmen – siehe Baubranche – Gewerbesteuereinnahmen wegbrechen.
Doch sollte das Jahr wirklich so gut enden, sieht auch Schneider: „Das hilft uns. Und das schafft uns eine bessere Basis für das Jahr 2024.“ Denn die Stadt müsste für 2023 nicht einen hohen Millionenbetrag aus der Ausgleichsrücklage nehmen, quasi dem Sparschwein der Stadt, sondern könnte sogar noch rund 100 Millionen Euro hinzutun. So käme man dann auf eine Summe von rund einer halben Milliarde Euro. Das für 2024 derzeit geplante Defizit von 375 Millionen Euro ließe sich damit ausgleichen, erst 2025 müsste die allgemeine Rücklage, also quasi das Gesamtvermögen der Stadt, abschmelzen, um das dann geplante Minus von 365 Millionen Euro aufzufangen. Das hätte jetzt zwar dennoch einen genehmigungspflichtigen Doppelhaushalt zur Folge, ein Haushaltssicherungskonzept, mit sehr viel Mitsprache der Bezirksregierung und sehr verengten Spielräumen, könnte die Stadt jedoch noch weiter auf Distanz halten. „Wir würden deutlich besser dastehen“, sagt Schneider.
Kämmerei analysiert noch Steuerschätzungen für den Bund
Wie weitere Perspektiven sind, hängt laut Schneider auch stark von der Steuerschätzung auf Bundesebene ab, die am Donnerstag erfolgt war. Noch werden die Auswirkungen in der Kämmerei analysiert. Doch schlecht ist die Nachricht sicher nicht, dass kein Einbruch, sondern eher Konstanz erwartet wird.
Bislang rechnet die Stadt mit tiefroten Zahlen für die nächsten Jahre. Dieses Problem ist längst nicht aus der Welt, wie auch die Kämmerin sagt. Ein gravierender Effekt: Die Ausgaben für Folgen aus Pandemie und mittlerweile vor allem aus dem Ukraine-Krieg können ab nächstem Jahr nicht mehr dank der „Bilanzierungshilfe“ herausgerechnet werden. In diesem Jahr geht es um einen Betrag von mehr als 200 Millionen Euro.
Ebenfalls belastend auf die Haushaltsplanung wirken höhere Tariflöhne. Der Personaletat erhöht sich im Vergleich zur Vorjahresplanung für 2024 um 68,2 Millionen Euro sowie für 2025 um 102,9 Millionen Euro. Schneider hatte zuletzt in ihrer Haushaltsrede im September von einem „Risikoumfeld“ gesprochen, in dem „steigende Finanzierungsbedarfe auf abnehmende Finanzierungsspielräume“ treffen. Deshalb hatte die Kämmerin „strukturelle Veränderungen im städtischen Haushalt“ angemahnt. Oberbürgermeister Stephan Keller hatte zudem „die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit“ erreicht gesehen.