Düsseldorf Suche nach Kindergartenplatz: „Warum sollten wir Ihr Kind aufnehmen?“
Die Suche nach einem Kindergartenplatz treibt junge Eltern um — und kostet enorm viele Nerven. Ein erstaunlicher Erfahrungsbericht.
Düsseldorf. Wer in Düsseldorf eine Wohnung sucht, der stöhnt zuweilen über die dreisten Fragen der Makler. Über die Termine, bei denen Massen an Interessenten durch Wohnungen geschleust werden. Seit dem mein Mann und ich Eltern einer Tochter sind, können wir bei diesen Tiraden dagegenhalten: „Wenn ihr das schon ätzend findet, dann habt ihr noch keinen Kindergartenplatz gesucht.“
Unsere Tochter ist jetzt ein Jahr alt. Mit zwei würden wir sie gerne in die Kita geben, denn je älter sie wird, desto schwieriger wird es, einen Platz zu bekommen. Anfangs waren wir noch guter Dinge. In der Theorie sieht alles auch total leicht aus. Im Internet gibt es den Kita-Navigator der Stadt. Dort können alle Eltern ihren Bedarf für das kommende Kindergartenjahr anmelden und ihre Wunschkindergärten auswählen. Die Prozedur ist einfach und technisch einwandfrei.
Nun zur Realität. In Wahrheit muss man sich zwar im Kita-Navigator registrieren, einen Platz hat man dadurch noch lange nicht. Das Ziel aller Eltern ist es also, auf die interne Liste des Kindergartens zu kommen. Ja, früher hätte ich darüber auch gelacht. Aber es gibt sie tatsächlich, die Liste mit den Namen derer, die die Kindergartenleitung für geeignet hält und die bei der Platzvergabe bevorzugt werden. Ich habe sie schon gesehen, diese Listen und kann von Glück — und auch mit ein wenig Stolz — sagen, dass unser Name auf einigen von ihnen steht.
Wie kommt man also auf diese interne Liste? Zum einen, indem man diverse Tag-der-offenen-Tür-Veranstaltungen besucht. Dort wird man Nachmittage lang gemeinsam mit anderen suchenden Eltern und deren Nachwuchs durch die Räumlichkeiten geschleust. Besser ist es allerdings, wenn man um ein persönliches Gespräch bittet — das zeugt ja auch von Engagement und kommt bei der Kita-Leitung gut an. In diesen Vorstellungsgesprächen geht es leider weniger um das Kind, als mehr um die Eltern. Fragen wie „Was machen Sie beruflich?“ und „Wer ist Ihr Arbeitgeber?“ gehören zum Standardinterview und alle Antworten werden schriftlich festgehalten.
In einigen Kitas bekommen die Eltern Fragebögen vorgelegt, in denen kleine Aufsätze darüber geschrieben werden müssen, warum das Kind gerade in diese Kita gehen soll und wie man sich im Kitaalltag engagieren möchten. Blöd für Eltern, die Vollzeit arbeiten müssen und wenig Zeit für Engagement haben.
Mal im Ernst: Wir suchen nur einen Kindergartenplatz! Wir suchen einen Ort, an dem wir das Gefühl haben, dass unsere Tochter gut betreut mit anderen Kindern sinnvoll die Zeit verbringen kann, in der wir arbeiten müssen. Wir suchen für sie keine Stelle im mittleren Management eines Weltkonzerns. Bevor wir Eltern wurden, hatten wir uns geschworen, solch ein Procedere niemals mitzumachen. Nun sind wir Eltern und wollen, dass unsere Tochter in eine gute Kita kommt. Also beantworten wir einfach jede Frage, so dreist oder sinnlos sie uns auch erscheint. Würde uns nächste Woche eine Kita ein Malen-nach-Zahlen-Bild vorlegen, damit unsere Tochter einen Platz bekommt — wir würden es ausmalen. In unserer Verzweiflung kam sogar schon der Gedanke, zu versuchen, die ganze Sache mit einem Spendenscheck zu verkürzen. Ein bisschen Würde haben wir uns aber dann doch noch bewahrt.
Jetzt wird der ein oder andere auf unseren Rechtsanspruch auf einen Platz verweisen. Ja, den gibt es. Eltern möchten aber ein Mitspracherecht haben, wo ihr Kind betreut wird und vor allem von wem. Uns stellt sich eher die Frage, warum in einer Stadt wie Düsseldorf keine angemessene Betreuung aller Kinder sichergestellt werden kann? Wann hat die Stadt den Anschluss verpasst?
Schon in diesem Jahr haben 1500 Kinder keinen Platz bekommen. Und 2015 war ein geburtenstarkes Jahr. Es wird in den kommenden Jahren also nicht besser. Mein Mann und ich sind beide gebürtige Düsseldorfer und sehen, wie sich die Stadt stetig verändert. Überall entstehen Neubaugebiete mit schnieken Wohnungen für junge Familien. Hat man denn etwa nicht damit gerechnet, dass diese jungen Familien tatsächlich Kinder bekommen könnten?
Im Februar bekommen wir Bescheid, ob unsere Tochter einen der begehrten Plätze ergattert hat. Ich werde dann berichten, wie unsere Suche ausgegangen ist. Aber eins sage ich jetzt schon: Geschwisterkinder werden bei der Suche bevorzugt behandelt. Egal, wie viele Kinder wir noch bekommen: Die werden uns dann so schnell nicht mehr los!