Tanzhaus NRW castet Jugendliche für eine neue Compagnie
Hip-Hopper Takao Baba wird das junge Ensemble leiten. Die Gruppe steht Menschen mit und ohne Beeinträchtigung offen.
Düsseldorf. Mit angestrengten Gesichtern folgen 22 junge Tänzer den Anweisungen von Nora Pfahl: Durch den Raum gehen, stehen bleiben, eine kleine Warm-up-Kombination zeigen. „Ihr habt noch zu wenig Spaß, das wollen wir mal ändern“, sagt die Dozentin am Tanzhaus NRW. Am Mittwoch werden Jugendliche für das neue Ensemble gecastet. Und die Kandidaten merken sogleich: Das Auswahlverfahren läuft ganz anders ab als in Filmen. Die zwei Stunden erinnern eher an einen Workshop.
Die jungen Tänzer arbeiten als Gruppe, erhalten Improvisations-Aufgaben und dürfen bald selbst zu zweit choreografieren. Die Gesichter beginnen zu strahlen, Applaus ist zu hören und viel Lob. Dennoch — ein bisschen Anspannung bleibt: Es geht darum, einen Platz im neuen Jugendensemble zu ergattern.
Tänzer, Choreograf und Lehrer Takao Baba und sein Team suchen den Kern ihrer Gruppe zusammen. Neben Nora Pfahl gehört auch Hip-Hopper Patrick William Seebacher alias 2face dazu, der erste Improvisationstechniken im sogenannten Waving zeigte. Baba erklärt: „Wir wollen den Tänzern helfen, vielseitiger zu werden, neue Techniken zu lernen. Wir tanzen gemeinsam und schicken die Teilnehmer in Kurse. Hip-Hopper gehen bei uns beispielsweise in den Ballettunterricht. Heutzutage gehört das dazu, es schult den Körper noch mal ganz anders.“ Auch gilt es, eigene Ideen und möglichst einzigartige Talente einzubringen, insgesamt soll allerdings auch das Ensemble stimmig sein, zusammenpassen.
Beim Casting sind Tänzer mit und ohne Beeinträchtigung dabei. Keine einfache Aufgabe. Das Team um Takao Baba hat für jeden Teilnehmer einen langen Kriterien-Katalog vorliegen, doch was am Ende wirklich zählt, ist das Gespür dafür, wer passt. Beim Casting stehen Zwölfjährige neben 20-Jährigen, coole Hip-Hopper neben schüchternen Mädchen mit Modern-Erfahrung, eine Profitänzerin aus Kuba ist dabei. Manche trainieren schon lange am Tanzhaus, andere sind zum ersten Mal hier.
Eine junge Frau tanzt im Rollstuhl, eine andere mit Trisomie 21 macht ebenfalls mit. Sie finden ihren eigenen Weg durch das Warm-Up, verändern Schritte und Bewegungen so, dass sie sie gut ausführen können. Ob sie dabei sein werden, ist noch unklar, genauso wie bei den anderen Casting-Teilnehmern. „Es geht mir darum, Möglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigung zu schaffen, das schon. Aber im Vordergrund steht die Kunst — und die ist unabhängig davon, ob jemand im Rollstuhl sitzt“, sagt Takao Baba. Für Prisca, die junge Frau mit Trisomie 21, war klar, dass sie bei so einer speziellen Ausschreibung mit auf die Bühne kommt. „Ich möchte unbedingt künftig dabei sein“, sagt die 18-Jährige.
Sie hat beim Casting unter anderem mit Camilo getanzt, der mit seinen 16 Jahren bereits bei mehreren Projekten des Tanzhauses dabei war. „Ich mache überall gerne mit, jede Erfahrung zählt“, sagt er. Richie hingegen ist neu in dem Haus, Noah, ein Freund aus der Hip-Hop-Szene, hat ihn mitgebracht. „Profi werden. Vom Tanz einmal leben zu können, das wäre cool“, sagen die beiden und hoffen auf neue Möglichkeiten, ihr Können zu zeigen. Mit 2face quatschen sie schon über Battles.
Lotta ist mit ihren zwölf Jahren eine der jüngsten Tänzerinnen. „Es gibt schon sehr coole Leute hier“, sagt sie. Die Aufgaben, die die Lehrer gestellt haben, haben ihr gefallen. In wenigen Tagen wird sie wissen, ob sie zur Company gehören wird.