Düsseldorf Thomas Grünfeld, Lehrer und Künstler
Der Akademieprofessor und langjährige Dekan eröffnet am Donnerstag in der Sammlung Philara seine erste Einzelausstellung in Düsseldorf.
Düsseldorf. Seit 2004 ist Thomas Grünfeld Professor, in den letzten vier Jahre war er auch Dekan der Kunstakademie. Er gilt als einer der fleißigsten Lehrer. Montags halb zehn Uhr beginnt das Kolloquium. Er erklärt: „Die Studenten sollen ermutigt werden, über Kunst zu sprechen und nicht nur ihre eigene Arbeit im Auge haben. Wir sprechen über das, was ich gelesen habe. Erst dann kann es sein, dass zwei Sachen korrigiert werden. Nach zwei Stunden gehen wir in den jeweiligen Klassenraum und gucken.“
Grünfeld (61) lebt in Köln. Die Konkurrenz zwischen der Domstadt und der Landeshauptstadt findet er albern. Köln habe die logische Stadtstruktur mit den Halbkreisen. In Düsseldorf verfahre er sich manchmal, weil selbst der Rhein Schlingen macht. Aber Düsseldorf habe einen Vorzug vor Köln, und das sei das Kulturamt: „Die Mitarbeiterinnen sind wahnsinnig aktiv. Sie kennen die Biografien, selbst die der Studenten. So etwas gibt es in Köln nicht“, sagt er.
Er hat eine Klasse für Bildhauerei, meint aber: „Ob ich Bildhauer bin, weiß ich nicht. Ich habe das immer offengelassen. Aber ich arbeite meistens dreidimensional.“ Er gibt zu, vom Minimalismus und Surrealismus unvermeidbar geprägt zu sein. Dass er dennoch seinen eigenen Weg geht, beweist eine Schau bei Philara.
Er zeigt einen Überblick über sein Werk in Fotos, Objekten und Filzarbeiten. In einem „kruseligen senfgelben Stoff“, den Farben seiner Kindheit, sind Pseudomöbel gefertigt. Sie wirken wie Sideboards, haben aber Silhouetten wie Morsezeichen. Merkwürdig cool ist das Ganze, dennoch nicht minimal, denn Grünfeld legt Holzscheite in die Rundungen und lässt zwei Haustiere schnurren. Gemütlich soll das Ganze wirken, — wären die Tiere nicht Mischwesen, vom Tierpräparator zu „Misfits“ vereint, wie er die hybriden Wesen nennt. Sie hocken wie selbstverständlich in den Wandobjekten und auf dem Boden, wirken lapidar und irritierend zugleich.
Durch einen Vorhang geht es in eine Art Erotikkabinett, diese Erwartung wird jedoch nicht erfüllt. Zu sehen sind zwölf Fotos von 1999, die der Künstler bei sich oder bei Freundinnen machte. Inspiriert wurde er von Prostituierten-Aufnahmen des Dandys und Designers Carlo Mollino aus Turin, die aber retuschiert waren. Auch Grünfeld ließ alle erotischen Merkmale bis auf den Po der Schönen weg und verzichtete auf das Gesicht. Die Frauen wenden den Blick wie Feuerbachs Iphigenie oder Richters Betty ab oder lassen an Man Rays Rückenakte denken. Er hatte die Motive mit einer Kleinbildkamera ohne künstliches Licht aufgenommen, stark selektiert und im Dye-Transfer-Prozess abgezogen. So erscheinen die Farben künstlich, changieren zwischen Malerei und Fotografie.
In der Eingangshalle begrüßt als Werk aus der dritten Gruppe eine 13 Quadratmeter große Collage aus Filz. Sie entstand nach einer Fotovorlage, zeigt aber nur ein weißes T-Shirt mit einem verkürzten Arm in Orange, der die Figur abstrahiert. Er hält ein Bügeleisen in strahlendem Maigrün, mit der Spitze nach oben, als wolle er die Decke durchstoßen. Die Wasserdüsen wirken wie Augen. In einem schwarzen Einsatz zwischen Oberkörper und Kabel spielt der Künstler mit Figur und Grund, damit der Betrachter das Motiv der Büglerin nicht so leicht enträtselt. Wieder ist es ein Objekt, das lockt und ins Leere führt. Filz hat schöne, strahlende Farben, aber er stammt aus dem Bastelshop, ist also nicht mit Kunst belastet, was ihn reizt.