Düsseldorf Altenpflege: Kita-Ausbau als Vorbild
Liga Wohlfahrt warnt vor Engpässen — ambulant und stationär. Und fordert den Ausbau der Pflegeinfrastruktur.
Düsseldorf. Die Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm: Angesichts der demografischen Entwicklung müsse die Stadt dringend die Infrastruktur für die Altenpflege ausbauen. „Wir schieben ein Riesenproblem vor uns her“, warnt DRK-Chef Stefan Fischer, derzeit Sprecher der Liga (mit u.a. Awo, Caritas, Diakonie). Gebraucht werde eine seniorengerechte Stadtentwicklung: „Die Stadt tut unheimlich viel für Kinder und Flüchtlinge, zu recht. Aber wir dürfen die alten Menschen nicht vernachlässigen“, sagt Fischer.
Immer wieder ziehen er und Rainer Schlaghecken, Pflegeexperte beim Caritasverband, den Vergleich zur Kinderbetreuung. Genauso selbstverständlich wie bei der Planung neuer Stadtquartiere längst an die Jüngsten gedacht werde (wird da eine neue Kita oder Großtagespflege benötigt oder nicht?) müsse man auch altengerechtes Wohnen im Voraus auf dem Schirm haben: „Und zwar in Düsseldorf, im Stadtteil, damit wir die alten Menschen nicht wegschicken müssen“, sagt Schlaghecken. Dabei gehe die Frage „ambulant oder stationär“ am Thema vorbei, „wir benötigen mehr Plätze in beiden Formen“, sagt Awo-Geschäftsführer Michael Kipshagen. In der stationären Altenpflege gibt es in Düsseldorf aktuell 5300 Plätze, bis 2020 fehlen laut einer Prognose 780; zugleich gibt es nur etwa 120 ambulante Pflegeplätze (etwa — wieder wie bei Kindern — für die Tagespflege zur Entlastung berufstätiger Angehöriger).
Doch in der wachsenden Stadt Düsseldorf mangelt es an Wohnraum, insbesondere an „bezahlbarem“. Und das gilt im Besonderen für soziale Einrichtungen. Die Stadt Düsseldorf tue schon deutlich mehr als andere Kommunen bei der Altenhilfeplanung, man kooperiere auch gut, schickt die Liga vorweg — um dann mit konkreten Forderungen nachzulegen. Fischer: „Wenn bei Grundstücken allein der Markt regiert, fallen soziale Nutzungen immer hinten runter, denn bei den Preisen können wir mangels Refinanzierung nicht mithalten.“ Heißt: Die Stadt müsse bei ihren Grundstücksveräußerungen bewusst auf Geld verzichten und mehr Platz für den Bau von Alteneinrichtungen reservieren. Fischer mahnt aber auch mehr Erfindermut und Flexibilität jenseits des rigiden deutschen Baurechts an, damit schneller und preiswerter Einrichtungen entstehen könnten.
Mehr Vielfalt in der Altenpflege ermöglichen, lautet eine weitere Handlungsempfehlung. Sie bezieht sich auf fehlende individuelle Angebote, zum Beispiel für suchtkranke Alte, die Grünen fragten im Sozialausschuss gestern nach speziellen Gruppen für Homo- oder Transexuelle im Alter — die es ebenfalls nicht gibt.
Schließlich müsse der Mangel an Pflegekräften offensiv bekämpft werden. Fischer: „Dieser erfüllende, zukunftssichere Beruf braucht und verdient ein viel besseres Image.“ Immerhin ist die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege in Düsseldorf stark gestiegen von 187 (2005) auf 440 (2015).