Zwei Veterinärinnen berichten Kranke Katzen, überforderte Halter – was Düsseldorfer Tierärzte belastet
Düsseldorf · Hohe Belastungen und unplanbare Arbeitszeiten sind bei vielen Veterinären in der Stadt üblich. Zwei Tierärztinnen berichten aus ihrem oft sehr emotionalen Alltag – und schlagen Lösungen zur Verbesserung vor.
Es erscheint manchmal so, als gäbe es keinen Berufs- oder Wirtschaftszweig, in dem der Fachkräftemangel nicht zu Problemen führt. Nicht anders ist es in einem Feld, in dem überarbeitete Menschen auf aufgelöste und überforderte treffen, die auch noch kranke Begleiter bei sich haben, die sich kaum zu ihrem Zustand äußern können – der Tiermedizin.
Dominique Tordy und Charlotte Matuschek kennen die Probleme, die damit einhergehen. Tordy ist approbierte und promovierte Tierärztin, Matuschek ist ausgebildete Krankenschwester und von der Human- in die Tiermedizin gewechselt. Beide arbeiten in der Tierarztpraxis „filu“ in Pempelfort. Tordy hat reichlich Erfahrungen in dem Beruf gesammelt, sowohl in normalen Praxen als auch in Kliniken.
Besonders dort komme es sogar zu Handgreiflichkeiten und Beleidigungen gegenüber den Tierärztinnen. „Das passiert meistens im Notdienst, wenn alle besonders emotional sind“, so Tordy, vor allem, wenn es schnell gehen müsse. Neben der Sorge um das geliebte Haustier ist dabei nicht selten auch noch die um die Bezahlung des möglicherweise notwendigen Eingriffs, der teuer werden könne. Die Tierärztinnen seien dabei die Leidtragenden, denn häufig würden von den Kliniken vorherige Anzahlungen eingefordert.
Handgreiflichkeiten sind zwar nicht alltäglich, doch tragen sie zu einer Gesamtsituation bei, die viele vom Beruf der Tierärztin Abstand nehmen lässt. Dazu kommen Arbeitszeiten, die kaum planbar sind, denn „Hunde und Katzen werden auch Freitagnacht und am Sonntag krank“, wie Tordy sagt. Hinzu komme der insgesamt nicht sonderlich hohe Verdienst in dem Beruf. Bei einer Familienplanung werde tendenziell eher die Person mit unregelmäßigeren Arbeitszeiten und geringerem Gehalt zu Hause bleiben.
Nicht selten bleibe im normalen Betrieb kaum Zeit zwischen zwei Patienten. Viele Kolleginnen, erzählt Tordy, wechselten auch in Behörden oder zu Berufsverbänden. „Das ist dann nicht mehr der Beruf, für den sie studiert haben, was sie machen wollten – aber ein geregelter und planbarer“, so Matuschek.
Ärzte kümmern sich um die hilflosen Besitzer der Tiere
Ein weiterer Punkt ist die starke emotionale Belastung. Tatsächlich zeigen Studien, dass die Suizidrate unter Tierärztinnen und Tierärzten deutlich größer ist als in der Gesamtbevölkerung. Tierärztinnen behandeln nicht nur die Tiere, sondern müssen sich auch um deren besorgte und hilflosen Besitzer kümmern. Besonderes Feingefühl sei gefragt, wann es besser für das Tier sei, wenn man es einschläfere, „die Leidenszeit verkürzen kann“, wie Matuschek sagt. „Wir gehen dann auch stark auf die Bedürfnisse und Gefühle der Besitzer ein“, fährt sie fort, doch für die Belastungen der Behandelnden sei kaum Zeit, schnell stehe das nächste Mensch-Tier-Paar auf der Matte. Tordy und Matuschek, die ihren Job leidenschaftlich gerne ausüben – nur so ginge das auch, wie sie sagen – haben bei ihrem Arbeitgeber nach eigenem Dafürhalten einige Lösungen entdeckt, die dem Problem wenigstens stellenweise entgegenwirken können. „Filu“ ist aus einem Münchener Start-up hervorgegangen und im Prinzip eine Praxis-Kette, die es in Pempelfort seit August gibt. Ein wichtiger Vorteil des Geschäfts sei es, dass die administrativen Arbeiten nicht auch noch in der Praxis erledigt werden müssen, sondern in der Zentrale bearbeitet werden. „Wir können uns auf unsere eigentlich Arbeit konzentrieren“, sagt Tordy. Auch die starke Fokussierung auf die Digitalisierung entlaste, etwa durch online buchbare Termine oder auch die digitalisierte interne Kommunikation. Außerdem würden die Tiermedizinischen Fachangestellten enger in die Behandlungen eingebunden, als es woanders häufig der Fall sei. „Deren Ausbildung gibt mehr her, als nur Putzen und Festhalten“, so die Tiermedizinerinnen. Durch das Mehr an Zeit bleibe auch mehr Raum für Beratungen mit den Tierbesitzern und das Kennenlernen zwischen allen Beteiligten. Das Alles wiederum führe dazu, das besonders die Besitzer entspannter bei möglichen Krankheitsfällen ihrer Schützlinge auftreten könnten – und damit die Belastung für alle etwas zurückgehe.