Von Angesicht zu Angesicht

Online-Partnersuche ist auf dem Vormarsch. Aber es gibt auch noch das Speed-Dating: Teilnehmer schätzen den ersten Eindruck mehr als Analysen.

Von Angesicht zu Angesicht
Foto: Judith Michaelis

Die große Liebe auf den ersten Blick, fürs Leben — gibt es das in einem gewissen Alter überhaupt noch? Wer glaubt noch daran, gerade heute, mit einem riesigen Angebot an Partnerbörsen im Internet, die teils damit werben, dass sich alle paar Minuten Singles dank vorangegangener Analysen verlieben können? Die versprechen machen, den Partner nach Maß finden zu können? Die Teilnehmer beim Speed-Dating setzten genau ihre Hoffnungen auf diese Idee: auf den ersten Eindruck, die ersten Minuten.

Seit Jahren können Singles in Düsseldorf mit dieser Art Date ihr Glück suchen, im Schnitt einmal im Monat. Sie sitzen in der Meerbar am Hafen, in einem lose abgetrennten Lounge-Bereich mit Zweier- und Vierer-Tischen. Die ersten Gesprächspaare finden sich zufällig, sie haben genau sieben Minuten Zeit, um sich zu unterhalten. Dann greift Jasmin, die als sogenannter Dating-Angel den Nachmittag leitet, zum Glöckchen und die Männer rücken einen Platz weiter.

Angeregte Gespräche ergeben sich, rund 20 junge Leute zwischen Mitte 20 und Mitte 30 (die Organisatoren bieten Treffen für verschiedene Altersgruppen an) scheinen einfach nur einen angenehmen Sonntag zu verbringen. Ein kleines Grüppchen wird anschließend noch gemeinsam weiterziehen, zusammen essen gehen. Erste Sympathien sind entstanden. Bei der zweiten Gruppe des Tages mit Mitte-30- bis über-50-Jährigen kommt es diesmal nicht so weit. „Das ist immer unterschiedlich“, sagt Jasmin. „Immer wieder wird es noch gesellig — manchmal lösen sich die Gruppen aber auch schnell auf.“

Andreas, der zum ersten Mal mitgemacht hat, ist überrascht davon, wie angenehm der Nachmittag dann doch für ihn war. „Ich hätte gedacht, dass hier zum Teil auch komische Leute auftauchen, aber das war ja überhaupt nicht so.“ Wie die meisten anderen hat er vorher schon über Online-Plattformen sein Glück versucht — vergeblich. „Im Internet bleibt der Kontakt einfach sehr anonym und es dauert ewig, bis mal ein Treffen zustande kommt. Ob man sich sympathisch ist, weiß man letztlich ja doch erst, wenn man sich mal gesehen hat.“

Dem stimmt Hakan zu. „Online kann man vorgeben, dass man jemand anderes ist — mit geschönten Fotos, mit geschönten Texten. Bei einem direkten Date wie hier hat man sofort einen Eindruck von der Frau und auch ein Gefühl dafür, ob die Chemie stimmen könnte.“

Anna denkt ähnlich. „Hier weiß man sofort, ob man sich sympathisch ist.“

Dass man überhaupt solche Wege geht, hänge wohl mit dem Alter zusammen: „Ich habe keine Lust mehr, auf Partnersuche durch die Altstadt, durch die Discos zu ziehen. Das ist so verkrampft, vor allem, weil man ja nicht weiß, wer schon vergeben ist. Dann doch lieber hier ganz entspannt ein wenig quatschen“, erzählt Niko.

Wie lange die Partnersuche sich auch über Speed-Dating hinziehen kann, ist und bleibt Glückssache — diese Erfahrung hat Jasmin gemacht. „Ich kenne Leute, die sich über diese Dates gefunden haben, genauso wie über Online-Plattformen. Eine Bekannte hat im Internet ihre große Liebe kennengelernt, sie ist jetzt glücklich verheiratet, hat Kinder“, sagt sie. Andere wiederum sieht sie immer wieder beim Speed-Dating auftauchen — bis es irgendwann funkt.

Ob bei dem einen oder anderen an diesem Abend die große Liebe dabei gewesen ist — oder sich noch entwickelt — ist offen. Die Teilnehmer haben 48 Stunden Zeit, um online bei der Plattform Speed-Dating ihr weitergehendes Interesse an dem einen oder anderen Date anzugeben. Erst dann werden die Kontaktdaten weitergeben. Aber auch wenn es nicht funkt, so bleibt vielleicht die ein oder andere Freundschaft.