Ein besonderes Handwerk Was die Bierwerbung mit Düsseldorfer Graveuren zu tun hat

Düsseldorf · Till Esser führt das Unternehmen „Gravierend“ in Unterbilk. Seine Produkte kennt jeder, den Beruf kaum jemand.

Till Esser hat die Firma „Gravierend“ von seiner Mutter Brigitte Röher übernommen. 

Foto: Judith Michaelis

Wer kennt sie nicht, die kurze Bierwerbung im Fernsehen vor Anpfiff oder in der Pause der Übertragung eines Fußballspiels. Und wann immer so ein frisch gefülltes Bierglas im Werbespot auftaucht, stammt es in der Regel aus einer Düsseldorfer Werkstatt. Es ist nicht irgendein Glas, aus dem Jedermann König Pilser oder Bitburger Pils trinken könnte. Es sind so genannte Dummys, die Till Esser, Chef des Unternehmens mit dem schönen Namen „Gravierend“ in den Räumen eines Hinterhofes an der Kronprinzenstraße veredelt hat.

Der 52-Jährige ist von Beruf Graveur und ein Meister seines Fachs. Für die Gestaltung der Biergläser hat er, so sagt er, ein Monopol. Das Glas wird nicht einfach mit dem bekannten Schriftzug bedruckt. Die Buchstaben werden aus einer Messingplatte rausgenommen, von Hand bearbeitet, gebogen, poliert, galvanisiert und dann auf das Bierglas oder eben die Flasche aufgeklebt. „Es sind Einzelstücke, die eine Woche lang bearbeitet werden“, erklärt Esser die Präzisionsarbeit.

In der dritten Generation führt er den Betrieb. Gelernt hat er den Beruf von seiner Mutter Brigitte Röher. Die heute 77-Jährige ist ebenfalls noch im Betrieb mit weiteren fünf Mitarbeitern tätig. Sie war 1967 die erste weibliche Graveuermeisterin und Gestaltungstechnikerin. Das Wissen gibt sie noch heute weiter. Freitags und samstags bereiten sich in der Werkstatt Handwerker aus ganz Deutschland bei ihr auf die Meisterprüfung vor.

Die Kundschaft kommt
auch aus arabischen Ländern

1978 kam Brigitte Röher von Velbert nach Düsseldorf. Sie fand die erste Werkstatt hier in der Grabenstraße, später zog sie um in die Talstraße und dann ging es an den Fürstenwall. 2005 übernahm Sohn Till Esser die Werkstatt, und seitdem befindet sie sich in der Kronprinzenstraße in Unterbilk. Eine Lage, die die beiden sehr zu schätzen wissen.

Mit Leidenschaft werben Mutter und Sohn für ihren Beruf des Graveurs . „Ein Beruf, den keiner kennt“, sagen sie. „Es gibt wohl kaum ein Handwerk, das so präsent im Alltag ist und über das so wenige etwas wissen“, sagt Brigitte Röher. Der Betrieb sucht jedes Jahr Auszubildende, denn „der Beruf darf nicht sterben“, sagt Esser.

Mit modernster Technik und gelernter Handarbeit werden in Unterbilk die unterschiedlichsten Kundenwünsche erfüllt. Und das ist nicht nur das Gravieren von Pokalen, Klingelschildern, Prägestempeln für Firmenlogos oder Trauringe. Wobei der Fachbetrieb auch hier Ungewöhnliches macht. Till Esser zeigt zwei Weißgold-Eheringe. Das Brautpaar hat sich für die Gravur das rheinische Lebensmotto „et hätt noch immer jot jejange“ ausgesucht. Das Besondere: Es wurde in der Handschrift der Kunden in den Ring graviert, das macht die Lasertechnik möglich.

In einer Vitrine in der Werkstatt sieht man die Vielfalt der Produkte dieses Handwerks. Da sind dekorative Abdeckungen für Motorräder, Orden für Schützen und Karnevalisten, rot-weiße Schilder für Brandmeldeanlagen ebenso wie ausgefallene Manschettenknöpfe.

Hier hat Till Esser sogar Kunden aus arabischen Ländern. Und auch Botschaften treten mit Sonderwünschen an die Düsseldorfer heran. So ließ der Sultan von Dschibuti laut Esser einen Orden in Unterbilk anfertigen. Und die Botschaft von Ruanda gab ein besonderes Ehrenzeichen in Auftrag. „Dieses erinnert 25 Jahre später an den Völkermord in dem ostafrikanischen Land“, erklärt Esser den ernsten historischen Hintergrund.