Düsseldorf Wenn der Vater die Kinder nicht sehen will
Ein Mann verweigert nach der Trennung immer wieder den Umgang mit seiner Tochter und seinem Sohn. Die Mutter ist machtlos und die Kinder leiden.
Düsseldorf. Das Warten ist vielleicht das Schlimmste. Einmal hat Andreas List (alle Namen von der Redaktion geändert) angerufen: In 15 Minuten wolle er seinen Sohn Michael abholen. Doch der Vater kam nicht und er war auch nicht zu erreichen. Erst zweieinhalb Monate später ließ er wieder von sich hören.
Nach Trennungen entstehen oft Konflikte um Kinder, häufig ist von Fällen zu hören, wo Väter sich beschweren, dass sie ihr Kind nicht so viel sehen können, wie sie möchten, die Partnerin blockiert. Doch es gibt auch den umgekehrten Fall, wo Eltern sich dagegen sperren, ihr Kind zu sehen.
Michael aus Bilk ist heute acht Jahre alt, er lebt seit fast vier Jahren mit der Ungewissheit. Seine Mutter Sabine Bertram hat Hilfe beim Jugendamt gesucht, beim Kinderschutzbund, auch Gerichte mussten eingeschaltet werden. Doch es hat wenig genutzt.
Es war 2011, als Sabine Bertram und ihr Mann sich trennten. Zunächst kam Andreas List regelmäßig, holte Michael und seine Schwester Lena (13) ab. Nach einem Streit darüber, wo die Kinder Weihnachten verbringen, habe sich das geändert, berichtet Sabine Bertram. List schaltete einen Anwalt ein, doch dann tauchte er mehrmals wochenlang unter. Sabine Bertram wusste weder seine Adresse noch seine Telefonnummer. „Dann schob er vor, die Kinder würden sich untereinander ständig streiten, das sei ihm zu viel.
Sabine Bertram suchte Rat und Hilfe, wandte sich ans Jugendamt, an den Kinderschutzbund. Der wiederum nahm Kontakt zu Andreas List auf, bot an, ein Treffen zwischen ihm und seiner Ex-Frau zu moderieren. Andreas List lehnte ab, er sehe seine Kinder, wann er wolle.
Lena hat ihren Vater nie infrage gestellt, er sei immer noch der Held für sie, wie Sabine Bertram es ausdrückt. Doch ihre Tochter litt. In der Schule konnte sie sich nicht mehr konzentrieren, vergaß vieles, die Noten gingen runter. Schließlich wechselte sie vom Gymnasium zur Realschule. Zwischenzeitlich ging sie regelmäßig zu einer Psychologin.
Michael lässt sich laut seiner Mutter weniger anmerken. Er sage, dass er seinen Vater zwar lieb habe. Aber Vertrauen hat er offensichtlich keins mehr. „Mal sehen, ob Papa kommt“, so seine typische vor vereinbarten Treffen. Zu Michaels Einschulung etwa ist Andreas List nicht erschienen.
Sabine Bertram ist wütend, weil sie merkt, ihr Ex-Mann kommt mit allem durch. Auch Unterhalt hat er nie gezahlt. Zu manchen Terminen kam er mit drei Stunden Verspätung. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes riet ihr, nicht zu warten, das bestätige List nur in seinem Tun. Lenas Psychologin empfahl das Gegenteil.
Inzwischen hat Sabine Bertram einen neuen Partner, Michael war das anfangs nicht recht. Er hatte wohl Angst vor neuen Enttäuschungen. Inzwischen versteht er sich gut mit dem Ersatz-Papa. Seine Mutter ist froh, dass da eine — zuverlässige — männliche Bezugsperson für Michael ist.
Im Frühjahr kam für Sabine Bertram aber wieder ein Schock: Lena zog zum Vater, der inzwischen in einem Dorf in Schleswig-Holstein lebt. „Er hat sie gekauft“, glaubt ihre Mutter. Nach dem Umzug bekam sie vom Vater das neueste i-Phone. Auch viel neue Markenkleidung hat sie danach im Koffer ihrer Tochter gesehen.
Vor kurzem kam wieder ein Brief von Lists Anwalt. Er verlangt Unterhaltszahlungen für Lena von seiner Ex-Frau. Anders als vorher vereinbart soll Lena ihre Mutter nur noch einmal im Monat sehen.
Für Michael hatte es zwischenzeitlich eine Lösung gegeben, die auch gerichtlich bestätigt und fixiert wurde: Alle zwei Wochen sollte er seinen Vater besuchen. Jetzt steht in dem Brief, Michael soll nur noch einmal im Monat kommen. Die Fahrerei sei zu anstrengend für den Jungen.
Das war für Michael eine neue Enttäuschung. Auch weil er seine Schwester öfter sehen will. Dass ihm die Fahrten zu anstrengend seien, habe er nicht gesagt, sagt seine Mutter Sabine Bertram. Sogar die Anwältin der Mutter hat er selbstständig angerufen, weil er mit dem Brief nicht einverstanden ist.
Sabine Bertram wartet nun auf einen Termin bei der Juristin. Weil sie nachts nicht schlafen kann, hat sie bereits selbstständig ein Schreiben ans Gericht aufgesetzt, in dem sie die aktuelle Situation schildert. Wie es nun weitergeht? Sie zuckt mit den Schultern: „Ich weiß es nicht.“