Wettkampf auf zwei Rädern: Alles eine Frage der Taktik
Bei der deutschen Meisterschaft der Radkuriere trat die deutsche Elite an. Es ging um Schnelligkeit — und um Geschicklichkeit.
Düsseldorf. Radfahren ist nicht nur sportlich — es ist vor allem auch Kopfsache. Fahrradkuriere wissen das am besten: Täglich flitzen sie durch die Straßen der Stadt, durch Gassen, über Plätze, bis hin zu ihrem Ziel, das oftmals im entlegensten Winkel des Verkehrssystems liegt.
Es ist ein Beruf, der oft unbeachtet bleibt. Unscheinbar sind die Kuriere, gesehen werden sie selten. In Düsseldorf gibt es rund 40 Menschen, die auf dem Fahrrad unterwegs sind und Gegenstände, Briefe oder Päckchen von A nach B transportieren.
Doch so unscheinbar sie auch sonst an uns vorbeiflitzen, am Wochenende kamen sie alle zusammen, aus den weiten Teilen der Republik. Der Treffpunkt lag auf dem Campus der Universität, hier versammelte sich eine Gruppe von etwa 100 Kurieren. Es war der Tag des Wettkampfes, der Deutschen Meisterschaft der Fahrradkuriere. Organisiert wurde er von der Agentur „Rotrunners“, die auch in Düsseldorf die Kurierfahrten regelt.
Zu Beginn des Rennens bekommt jeder Teilnehmer einen Plan des Uni-Geländes in die Hand gedrückt. Blaue Rechtecke markieren die Gebäude, grau sind die Wege und Durchgänge eingezeichnet. Rote Linien zeichnen die Wege an, die die Kuriere auf ihrem Weg zum Ziel nehmen dürfen — alles Einbahnstraßen. „Wer sich verfährt, muss unter Umständen mehrere kilometerlange Umwege in Kauf nehmen“, sagt Christoph Hühn, Organisator.
Denn es geht nicht nur darum, der schnellste am Ziel zu sein. Unterwegs liegen, teils abseits der Hauptstrecken, kleine Checkpoints verstreut. Unscheinbar sind diese, wer nicht genau hinsieht, düst gedankenlos vorbei.
Checkpoint C beispielsweise hatte es sich in einem der Uni-Gebäude bequem gemacht. Nur ein kleines Schild an einer Hintertüre der Immobilie weist auf die Station hin, ein anderes weist die Fahrer an, ihr Rad hier abzustellen und zu verschließen.
Die Türe knarrt gewaltig, wenn sie geöffnet wird. Etwas verwirrt steht einer der Kuriere hier im Gang — „hier soll der Checkpoint sein?“, fragt er. Doch so ist es. Wer den langen und düsteren Gang entlanggeht, sieht an dessen Ende einen kleinen Tisch.
Ein Helfer sitzt an ihm, das Radio hat er voll aufgedreht. Er gibt dem zuerst ratlosen Kurier einen Stempel auf seinen Laufzettel, anschließend eilt der Wettkämpfer den Gang zurück zu seinem Drahtesel, um die verloren gegangene Zeit möglichst schnell wieder einzuholen.
An anderen Stationen werden zudem Aufgaben verteilt, die gelöst werden müssen, bevor die Kuriere weiterfahren können. „Manchmal bekommen die Fahrer auch einen Gegenstand in die Hand gedrückt, den sie von einem zum anderen Ort transportieren müssen“, sagt Hühn.
Doch es wird nicht nur gefahren — immer wieder gibt es Stellen, an denen die Radfahrer absteigen müssen. So zum Beispiel an Treppen oder Hindernissen, die ihnen im Weg stehen.
Holger Meister hatte den gesamten Weg noch vor sich. Der Fahrradkurier aus Köln schätzte vor seiner Runde grob ab: „Ich denke, dass ich für alle drei Runden zusammen etwa eine Stunde brauchen werde“, sagt er. Ihm gehe es jedoch gar nicht so sehr darum, das Rennen zu gewinnen. „Es geht um den Spaß am Radfahren, um das Zusammentreffen mit anderen Leuten, die den gleichen Beruf ausüben“, sagt er. In der Szene kenne man sich und komme in der Regel ein Mal im Jahr bei solchen Veranstaltungen zusammen, sagt Meister.
Die Schwierigkeit liege darin, sich auf dem völlig unbekannten Gelände zurechtzufinden: „Normalerweise fahren wir ja im Straßenverkehr mit, hier ist das alles etwas ruhiger und entspannter“, sagt der Kölner. Autos oder langsamere Radfahrer, die den Weg versperren, gibt es auf dem Uni-Gelände selbstverständlich nicht.