Zölibat ist nur ein Problem

Auch das katholische Düsseldorf diskutiert wieder über den Zölibat.

Düsseldorf. Die Debatte um den Zölibat flammt wieder auf. Gerade erst wurde bekannt, dass Papst Benedikt vor 40 Jahren als junger Theologe Rom dazu aufgefordert hat, die Aufhebung des Zwangs für Priester zur Ehelosigkeit zu erwägen. Und am Freitag sorgte der Appell von 144 Theologen, die eine tiefgreifende Reform der katholischen Kirche samt Abschaffung des Zölibats fordern, für Furore. Auch unter den knapp 200 000 Düsseldorfer Katholiken wird neu diskutiert.

„Aktuell ist das vielleicht nicht das brennendste Thema, stärker treiben die Gemeinden die weiteren Fusionen mit den immer größeren Pfarrgemeinderäten um“, sagt Peter-Michael Minnema, der Vorsitzende des Katholikenrates, der Laienorganisation der Kirche. Aber natürlich gebe es da einen Zusammenhang, die Zusammenlegung von Pfarreien resultiere auch aus dem Priestermangel. Minnema: „Für die Pfarrer ist das eine große Herausforderung. Und wir müssen ja auch in die Zukunft schauen und uns fragen, wie es weiter gehen soll mit immer weniger jungen Priestern, wie Kirche lebendig bleiben soll.“

In der Tat sind in Düsseldorf einige Riesengebilde entstanden. Zur Gerresheimer Gemeinde St. Margareta von Pfarrer Karl-Heinz Sülzenfuß zum Beispiel gehören mittlerweile sieben früher eigenständige Kirchen: von Grafenberg bis Hubbelrath. Und im Norden steht die „Heilige Familie“ nicht wie früher für eine Stockumer Pfarrkirche, sondern für eine Großgemeinde von Golzheim über Lohausen bis Unterrath und Lichtenbroich. Natürlich wirken hier auch Diakon, Kaplan und Subsidiare, also etwa Priester im Ruhestand. Doch letztlich trägt mit Pfarrer Friedhelm Keuser ein Mann die Verantwortung. Der Monsignore äußert sich knapp, aber klar zum Thema Pflichtzölibat: „Ja, die Kirche muss jetzt ernsthaft darüber nachdenken, auch Viri probati zum Priestertum zuzulassen.“ „Viri probati“, das sind „bewährte Männer“, die sich aufgrund ihrer vorbildlich-katholischen Lebensweise auch als Verheiratete zum Priester eignen (ähnlich wie in den Ostkirchen).

Düsseldorfs „oberster“ Katholik ist Stadtdechant Rolf Steinhäuser. Für ihn ist der Zölibat eher als individuelles Thema bedeutsam: „Am meisten befassen sich doch diejenigen damit, die unter den Bedingungen des Zölibates leben“, sagt er: „Manchen fällt die Lebensform ganz leicht, manchen sehr schwer.“ Und manchen zu schwer. So ließ sich erst im Juni letzten Jahres Stadtjugendseelsorger Gregor Klingenhäger von Kardinal Meisner von seinem Gelübde entbinden und gab den Priesterberuf auf. Großen Wirbel löste 1996 die Demission von Lambertus-Pfarrer Leonhard Moll aus, der damals schon jahrelang Vater eines Kindes gewesen sein soll.

Monsignore Rolf Steinhäuser sieht heute im Zölibat nicht das Hauptproblem und auch nicht die Hauptursache für den Priestermangel: „Am schwersten wiegt die allgemeine Krise des Glaubens und der Kirche“, sagt er. Denn: „Ich glaube nicht, dass die Aufhebung des Zölibats uns einen Boom an Priesterkandidaten bescheren würde.“ Natürlich habe er Verständnis, wenn in den Gemeinden Mangel empfunden werde, weil Gottesdienste ausfielen, auch das „Alterungsproblem“ der Priesterschaft sei nicht zu leugnen. „Aber selbst wenn wir in Düsseldorf nun 20, 30 junge Priester bekämen, würde deshalb doch keine Bekehrungswelle durch die Stadt laufen.“