Abgeklärt wie ein alter Hase Ehl beweist kühlen Kopf in heißer Phase
Analyse | Düsseldorf · Alexander Ehl ist 23 Jahre alt, aber er spielt viel reifer. Am Wochenende traf er zweimal. Soll es gegen Ingolstadt einen weiteren Sieg geben, braucht es weitere Torschützen.
Eishockey kann ein komisches Spiel sein. Da begegnet die Düsseldorfer EG dem ERC Ingolstadt zu Beginn der Viertelfinalserie jeweils auf Augenhöhe, führt gar einmal kurz vor Schluss, und geht am Ende trotzdem beide Male als Verlierer vom Eis. Und dann steht sie am Sonntag im dritten Spiel meist neben sich, zeigt ihre schwächste Leistung der diesjährigen Play-offs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Doch am Ende schießt sie ein Tor mehr und gewinnt mit 2:1 nach Verlängerung. „Ein immens wichtiger Sieg“, sagte Torschütze Alexander Ehl hinterher. „Wir haben den Sieg gebraucht, um eine realistische Chance zu haben, wieder ranzukommen.“ Das klappte, in der Serie über bis zu sieben Spiele steht es nur noch 1:2. Und legt die DEG diesen Dienstag (19 Uhr) zu Hause nach, ist alles wieder ausgeglichen.
„Glücklich und zufrieden“ sei er, sagte Trainer Roger Hansson daher. Wohl wissend, dass er zuvor ein zerfahrenes Spiel mit vielen Unterbrechungen gesehen hatte. Eins, in dem sein Team 40 Minuten lang meist hinterherrannte und froh sein durfte, dass Henrik Haukeland den Rückstand bei 0:1 hielt. „Aber wir sind dabei geblieben“, sagte Hansson, „und natürlich brauchst du ein bisschen Glück. Bevor wir in der Verlängerung das 2:1 schießen, war es auf unserer Seite knapp.“ Einmal musste Haukeland den Puck fast von der Linie kratzen. Sonst wäre es vorbei gewesen. Und mit einem 0:3 in der Serie dann wohl auch mit dem Traum vom Halbfinale.
Düsseldorfern fehlte die
offensive Durchschlagskraft
Dass der lebt, lag auch an Alexander Ehl. Bereits am Freitag hatte der getroffen – als einziger Düsseldorfer. Denn wenn denen am Wochenende etwas fehlte, war es offensive Durchschlagskraft. Nach 14 Toren in den ersten drei Play-off-Spielen waren es nun nur noch drei in zwei Spielen. Aber eben zwei von Ehl, der bereits in der Hauptrunde 14 Mal traf und auf Rang vier der DEG-internen Liste landete – obwohl er wegen Pfeifferschem Drüsenfieber einen Großteil der Vorbereitung verpasste.
Trotzdem war es die meiste Zeit recht still um den 23-Jährigen, was auch Niki Mondt auffiel: „Von der äußeren Wahrnehmung stand er dieses Jahr nicht so oft im Rampenlicht. Aber ich finde nach wie vor, dass er brutal spielt“, sagt der Manager, der den damals 19-Jährigen 2019 von Landshut nach Düsseldorf holte. Seitdem ist Ehl zusammen mit Tobias Eder zu so etwas wie dem Sinnbild des Weges geworden, für den Mondt und die DEG gelobt werden: jungen Spielern Verantwortung geben und sie wachsen lassen. Mittlerweile sind beide Nationalspieler, Ehl durfte 2022 gar zur WM nach Finnland und überzeugte auch dort. Noch mehr als Mondt schwärmte der damalige Bundestrainer Toni Söderholm von Ehls „schnellem Prozessor“. Und auch der neue – Ex-DEG-Trainer Harold Kreis – weiß den fleißigen wie spielintelligenten Flügelstürmer zu schätzen.
Die Leistung soll am Dienstag wieder besser werden
Der spielt sogar so abgeklärt, dass man hin und wieder vergessen kann, wie jung er ist. Eher wie 32, nicht wie 23. „Er ackert jeden Wechsel und hat trotz seines Alter wahrscheinlich die geringste Fehlerquote“, sagt Mondt. Zwar meidet Ehl auch meist das Risiko, aber es ist schon bemerkenswert, wie selten er an kritischen Orten Puck oder Gegenspieler verliert. Ehl macht die viel zitierten Kleinigkeiten richtig, fast beiläufig. Auch unter Druck bleibt er stets gelassen. Das sieht man an seinen Zahlen: Er hat das zweitbeste Schussverhältnis des Teams, steht er auf dem Eis, fliegen deutlich mehr Pucks auf das gegnerische Tor. Nur Reihenkollege Victor Svensson ist da besser, aber der verpasste auch die ersten beiden Spiele gegen Ingolstadt. Am Sonntag war er dann wieder da. Zur Freude von Ehl: „Victor ist sehr wichtig in unserer Reihe, ich bin sehr glücklich, dass er wieder dabei ist.“ Zumal der durch seinen Forecheck Ehls Siegtreffer ermöglichte.
Dennoch war das ein glücklicher Sieg, aber das störte niemanden. Ein 1:2 bildet die Serie auch realistischer ab als ein 0:3. Zudem brachte der Sonntag eine Erkenntnis: „Wir wissen jetzt, dass wir sie schlagen können“, sagte Ehl. Und ganz so unrecht war Manager Mondt die Art und Weise dann doch nicht: Ein Sieg nach Rückstand und Verlängerung hebt die Laune ja ganz besonders. Vor allem an einem Ort, wo es seit fünfeinhalb Jahren nichts zu lachen gab. „Und obwohl wir gewonnen haben, wollen wir am Dienstag besser spielen. Denn mit so einem Spiel gewinnst du nicht häufig.“