Noch nie war der Kunstmarkt so schlecht wie im vergangenen Jahr. Warum kann es nur besser werden? Welcher Optimismus treibt die 108 Aussteller und die Sammler zur Art Düsseldorf ab 11. April? Welche Rolle spielt das Ambiente der ehemaligen Böhlerwerke, die Nähe zu den Sammlern, das Netzwerk zum Ausland?
Beginnen wir mit dem Rückblick: Das vergangene Jahr war für den Kunsthandel miserabel. Die Datenbank der amerikanischen Artnews meldet Rückgänge bei den Auktionen von 37,9 Prozent im Bereich zeitgenössischer Kunst. In China hat sich der Erlös im Sekundärhandel bei allen Sparten halbiert. Der Primärmarkt leidet noch mehr. Nach Meinung von Artnews mussten viele Galerien Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent gegenüber 2023 hinnehmen.
Kleinere deutsche Galerien, die ihr Glück in Miami oder New York versuchten, verkauften im Dezember 2024 oftmals gar nichts. Dabei schießen die Kunstmessen wie Pilze aus dem Boden: Fast jede Woche wird irgendwo in den Metropolen rund um den Erdball eine Eröffnung gefeiert. In Deutschland gibt es rund 20 Kunstmessen. Warum ist der Optimismus der Teilnehmer ausgerechnet in Düsseldorf so groß?
Thomas Rieger von der Konrad-Fischer-Galerie, der soeben im aufstrebenden Szeneviertel Melrose Hill in Los Angeles einen neuen Projektraum als dritten Galerie-Standort eröffnet hat, singt fast eine Hymne auf die Art Düsseldorf. „Sie ist neben der Art Cologne eine der wichtigsten deutschen Messen. Köln und Düsseldorf, das ist das Rheinland. Da boomt der Markt. Es war lange genug ruhig. Die politische Lage in Deutschland und in den USA führte dazu, dass sich die Sammler dreimal überlegten, ob und was sie kaufen sollen. Aber es konsolidiert sich gerade.“
Walter Storms aus München ist seit 50 Jahren auf der Art Cologne und zum vierten Mal in Düsseldorf. Er kommt gerade von der innovativen Spark Art Fair in Wien und hat für den Sommer die Messe in Kopenhagen gebucht. Er lobt den Düsseldorfer Messechef Walther Gehlen: „Er hat ein ganz tolles Team. Die Hallen sind sympathisch. Man kann gut anfahren. Es macht viel Freude. Köln ist doppelt so groß und traditionsreicher, aber es strengt sich nicht so viel an. In Düsseldorf herrscht Gastfreundschaft.“
Roozbeh Golestani nimmt erstmals an der Art Düsseldorf teil und erklärt spontan: „Das ist eine ambitionierte Messe. Sie ist auf dem besten Weg, die führende Kunstmesse Deutschlands zu werden. Trotz der großen Geschichte der Art Cologne finde ich den Ausstellungsort spannend. Die Kombination von Skulptur und Industriearchitektur ist sehr mutig. Für mich als Düsseldorfer ist es eine Art Heimspiel, dabei zu sein.“ Er wird auf 19 Düsseldorfer, 12 Kölner und zwei Bonner Kollegen treffen, wobei die Galerie Ludorff zugleich ihr 50-jähriges Bestehen in den Hallen feiern will.
Immerhin 32 Kunsthändler kommen aus dem Ausland, vor allem aus den Nachbarländern, aber auch aus Südafrika, Korea, Kuwait, Türkei, Italien und sogar aus den USA. Sie bringen in der Regel auch ihre Kunden mit. Das lockt André Buchmann an, der vor 30 Jahren in Köln angefangen hat, inzwischen von Berlin und Lugano aus seine weltweiten Geschäfte macht und nun gern in Düsseldorf gastiert. Er sagt: „Die Art Düsseldorf hat längst eine nationale Akzeptanz und inzwischen strahlt sie auch auf die Beneluxländer aus. Sie wächst immer mehr über ihre Grenzen hinaus.“ Mit Tony Cragg hat die Galerie seit 1983 einen Star im Programm und vertritt exklusiv das Zeichnungsarchiv des Künstlers.
Messechef Walther Gehlen ist ein kluger Stratege. Er hat vor zwei Jahren seine Fühler nach Japan ausgestreckt, wohl wissend, dass die japanische Community in Düsseldorf nach London und Paris die drittgrößte Europas ist. Nun bringt ein anonymer Sammler sechs aktuelle japanische Positionen an den Rhein. Die Julia-Stoschek-Collection zeigt Simon Fujiwara, vier internationale Galerien machen mit.
Um jüngere Sammler anzulocken, gibt es die Sektion „Paper“, sind doch Zeichnungen und Drucke für die kleine Geldbörse geeignet. In der Sektion „Next“ sind 17 junge Galerien eingeladen. Und erstmals gibt es sogar Projekte unter den Themen „Love is the Answer“ und „Liminal State“, wobei es einerseits um die Liebe und um Paarbeziehungen, andererseits um Liebesersatz und Krisenhaftes geht. Alles „spielerisch-ironisch“, wie die Bonner Galeristin Judith Andreae verrät, die die Türkin Esra Gülman aus Berlin zeigen wird.
Die Fotografie-Sparte und ihre Hürden
Nur eine Sparte hat es schwer, und das ist nach Auskunft von Walther Gehlen die Fotografie. Die Biennale für Fotografie im Rhein-Main-Gebiet wie die Photopia in Hamburg sind abgesagt, der Photoindustrie-Verband hat seine Liquidation beschlossen. Laut Fotografenverband Freelens ist die Lage für freiberuflich arbeitende Bildjournalisten und Fotografen in Deutschland „zunehmend besorgniserregend“. Man darf gespannt sein, was die experimentierfreudige Bene Taschen Galerie aus Köln gegen den Trend aufbieten will.