Landwirtschaft Die eigene Ernte aus dem Gemüsegarten zur Miete
Fischeln. · Bürger können am Pescherhof in Fischeln bald selbst ein bestelltes Feld bewirten. Im Mai des kommenden Jahres soll es losgehen.
In einer Großstadt leben und dennoch einen eigenen Gemüsegarten bewirten? Das ist in der heutigen Welt für die meisten Menschen wohl eine Idee aus längst vergangenen Zeiten. Der Mensch und die Natur – sie stehen sich vielerorts im Weg. Selbstversorgung im komplexen Leben des Jahres 2019? Das klingt eher wie eine Idylle. Doch die Bonner Organisation „Meine Ernte“ will genau das zurückholen in die Gegenwart. Die Bürger mieten ein bestelltes Feld und ernten ihr Gemüse selbst. Das wird im kommenden Jahr auch am Pescherhof in Fischeln möglich sein.
Schon länger hatte Andrea Busch die Idee, da mal mitzumachen bei dieser besonderen Sache. Ihr Mann und Landwirt Knut Busch ließ sich überzeugen. Im vergangenen Frühjahr dann nahm das Paar Kontakt mit der Organisation auf, besichtigte bereits vorhandene Gärten von Höfen in Düsseldorf, die schon an dem Vorhaben teilnehmen.
Die Organisation „Meine Ernte“ geht auf eine Idee der Studienfreundinnen Wanda Ganders und Natalie Kirchbaumer zurück, die nun als Geschäftsführerinnen fungieren. Sie wurde 2009 gegründet mit dem Ziel: Mehr frische Luft, mehr Bewusstsein für die Ernährung und Produktion von Speisen. Die Dinge selbst in die Hand nehmen. Nachhaltiger leben. Heute sind in Deutschland schon über 20 Familienbetriebe mit dabei, auch aus Düsseldorf und Duisburg.
Was auf dem Teller landet, damit will der Fischelner Landwirt Knut Busch auch hier vor Ort die Menschen sensibilisieren: „Ich würde die Leute gerne mal ein bisschen erden“, sagt der 51-Jährige über seine Motivation. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern auf dem Pescherhof. Wie wachsen Möhren, Kartoffeln, Sellerie oder Salate? Das sollen die Bürger selbst erleben in der täglichen Arbeit in ihrem Miet-Garten, der im kommenden April vor den Toren des Bauernhofes angelegt wird.
Fläche von 2500 Quadratmetern steht zur Verfügung
Knut Busch wird eine Fläche von 2500 Quadratmetern bestellen, dazu kommen Stellflächen und ein Baucontainer. Die Gerätschaften werden von der Organisation gestellt. Die Teilnehmer können dann in ihren Parzellen ab Mai autark arbeiten, wie der 51-Jährige erzählt. Mehr Arbeit oder zusätzliche Kosten kämen auf ihn oder seine Mitarbeiter nicht zu. „Es ist eine zwanglose Geschichte. Die Leute sind erst einmal nur für eine Saison gebunden. Für die Mieter ist es also nicht langfristig. Wer will, der kann“, sagt Busch.
Er selbst schreite nur ein „wenn eine Kultur hier nicht hinpasst.“ Manche Ernte kann im Juni und Juli schon eingeholt werden, eine andere erst im Herbst. Einmal pro Woche soll es eine Gärtnersprechstunde geben. Zudem soll die Organisation „Meine Ernte“ Tipps per Email verschicken. Etwa 20 verschiedene Gemüsesorten sollen dann in den einzelnen Gärten wachsen.
Knut Busch, der am Pescherhof etwa 80 Hektar Land bewirtet und nur für den Einzelhandel produziert, sieht mit diesem Vorhaben auch eine Chance, den Menschen ein klareres Bild von der Landwirtschaft zu vermitteln: „Es meckern ja viele. Jeder haut auf die Landwirtschaft ein, auch was das Insektensterben angeht. Wir können damit mal auf die natürlichen Gegebenheiten hinweisen. Wie lebt man von und mit der Natur.“ Die Umwelt gelte es im Alltag mehr zu tolerieren, auch im Supermarktregal. Eine krumme Gurke im Geschäft, der Sand im Salat. Da gehe die Kritik schon los. „Wir produzieren hochwertige Lebensmittel, die aber eben der Natur ausgesetzt sind“, sagt Knut Busch. Der Landwirt begrüßt die Diskussion über Umweltschutz. Er erhofft sich dadurch ein größeres Bewusstsein für die Natur und die Einflüsse auf die Ernährung. „Die Denkweise setzt sich langsam durch“, sagt Busch.
Was die Zukunft angeht, sieht der 51-Jährige mit den Miet-Gärten noch eine andere Chance: „Vielleicht gelingt es uns ja noch, ein zweites Standbein aufzubauen. Die Ackerflächen werden ja zunehmend zugebaut.“ Mit der Organisation „Meine Ernte“ gebe es einen Vertrag, doch wolle man erst einmal abwarten, wie sich die Idee durchsetzt. „Flächenmäßig haben wir hier keine Grenzen. Wenn die Nachfrage steigt, können wir 2021 noch größer werden.“