Familienpflege: Im Kampf gegen das Chaos
Verwahrlosung und Überlastung nehmen zu. Die Caritas hilft Eltern, die mit der Organisation ihres Lebensalltags überfordert sind.
Krefeld. "Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann. Das bisschen Kochen ist doch halb so wild." Was in einem Schlager aufs Korn genommen wird, ist für manchen weit entfernt vom selbstironischen Witz. "Es gibt immer mehr Familien in prekären Lebenslagen, die überfordert sind mit der Bewältigung täglicher Aufgaben wie Kinderversorgung und Haushaltsführung", weiß Anita Bluhm von der Caritas.
Ob durch Schulden, fehlende Bildung, Krankheit, Partnerschaftsprobleme oder sonstige Schicksalsschläge: Die Zahl der Menschen, die ihr Leben nicht mehr aus eigener Kraft in den Griff bekommen, nehme erschreckend zu. "Meistens handelt es sich sogar um Multi-Problem-Familien, sprich: Nicht nur das Mittagessenkochen ist für sie ein Problem", sagt Familienpflegerin Bluhm.
"Die Anforderungen, wirtschaftliche, gesundheitliche, familiäre Probleme gleichzeitig zu bewältigen, kann im Extremfall bis zur Handlungsunfähigkeit führen", ergänzt Eva Renard, Sachbereichleiterin bei der Caritas. Dann bleiben wochenlang Rechnungen ungeöffnet, im Kühlschrank verschimmeln Lebensmittel, Wäsche türmt sich, Kinder werden vielleicht nicht mehr in die Schule geschickt.
"Hot" nennt sich das Haushalts-Organisationstraining der Caritas. "Aber damit, dass wir aufräumen und kochen ist noch keine Lösung erreicht." Nachlässigkeiten, die sich über Monate eingespielt haben, lassen sich nicht so schnell ausbügeln. Und die Pflegerinnen nehmen den Haushalt auch nicht komplett in die Hand, sondern geben Tipps für mehr Struktur und Prioritäten im Tagesablauf.
"Wir erstellen mit den Eltern einen Hilfeplan, in dem wir Ziele vereinbaren", erklärt Renard. Eltern und Kinder lernen Ordnung halten und die Familienpflegerinnen loben, loben, loben: "Motivation ist wichtig, damit unsere Arbeit Erfolg hat." Außerdem braucht es Einfühlungsvermögen. "Wir freunden uns mit den Kindern an, schaffen Vertrauen", sagt Bluhm.
Zielgruppe: Voraussetzung ist, dass im Haushalt Kinder bis zu zwölf Jahren oder ein Kind mit Behinderung leben.
Bedarf: Im Schnitt nehmen Familien Hilfe für zwölf Stunden, oft sogar bis zu 30 Stunden pro Woche in Anspruch.
Mitarbeiter Fünf Frauen sind bei der Caritas Krefeld als Pflegerinnen aktiv, die monatlich bis zu zehn Familien betreuen.
Finanzierung Die Kosten übernimmt häufig die Krankenkasse, in bestimmten Fällen auch der FB Jugendhilfe. Oder eine Familie ist "Selbstzahler".
Fälle Die Stadt Krefeld spricht von jeweils 705 Fällen familienersetzender (z.B. Inobhutnahme) und familienunterstützender (z.B. Familienhilfe) Maßnahmen in 2005.
Info Am 19. April, 10-18 Uhr, ist bei der Caritas ein Infotag zum Thema im Hansa-Haus, Am Hauptbahnhof 2, Ruf 63 95 29.