Feiner Humor zielt auf Schwächen

Das neue Projekt des Kreschlehrertheaters feierte Premiere mit „Gemeinsame Verunsicherungen“.

Foto: Dirk Jochmann

Zuerst denkt man, natürlich müssen dies die Schauspieler sein. Denn die waren schon im Raum der Studiobühne I, bevor das Publikum eintreten durfte. In zwei Gruppen stehen sie am unteren Rand der Sitzreihen und tun so, als wären sie auch Zuschauer auf der Suche nach den besten Plätzen. Sie diskutieren und zeigen auf die Sitze, auf die man sich setzen sollte. Doch dann sind schließlich alle Reihen von den Premierengästen gefüllt und sie stehen immer noch herum und sprechen über die vermeintlich leeren Plätze.

„Leise, es hat schon angefangen!“, sagt eine der Schauspielerinnen dann von der Bühne und die Schar der schwarz gewandeten Akteure macht deutlich, dass sie noch immer in der Rolle des Publikums stecken. „Die Schauspielerin da hinten“, sagt jemand und weist ins Dunkel der Zuschauerreihen. „Wir sind doch nicht die Schauspieler“, meint jemand anderes. „Ich weiß doch, wer ich bin!“ Aber dann kommen allmählich viele Zweifel auf.

Die „Gemeine Verunsicherung“, wie sie sich durch das ganz normale Leben zieht, wird in kleinen Episoden auf die Bühne gebracht. Da ist eine Frau, die noch ganz selbstsicher und forsch in einem Krefelder Möbelladen darauf besteht, ein Sonderangebot von einem aktuellen Flyer zu bekommen. Doch dumm für sie, das Angebot gibt es beim Konkurrenten, erklärt ihr schließlich der Abteilungsleiter. „Mama, du bist echt peinlich,“ erklärt die Tochter, und die Sicherheit ist der Verunsicherung gewichen.

So schildern die 15 Schauspielerinnen und Schauspieler des Kreschlehrertheaters Begebenheiten aus dem Alltag, wo es mit den Vorsätzen auch nicht wie gewünscht klappt. In einer Szene entschuldigt sich jeder für irgendeine vermeintliche Unzulänglichkeit: „Ich bin zu dick, ich bin zu dünn, zu laut, zu leise, zu jung, zu alt!“ Dann kämpft ein Schauspieler mit sich, ob er am Abend auf ein klingelndes Telefon noch reagieren soll. Er spielt die recht unterschiedlichen Sichtweisen eines Angestellten und eines Selbstständigen.

Bei vielen Szenen ist unverkennbar, dass hier eigene Erfahrungen oder Recherchen Grundlagen sind und das ist vielleicht auch mit ein Grund, warum die Laiendarsteller so überzeugend spielen. Zwar braucht es manchmal die Unterstützung der Souffleuse. Aber dafür ist diese Funktion im Theater auch vorgesehen.

Es macht Spaß, das Spiel auf der Bühne zu verfolgen. Auch, als die Schauspieler sich und dem Publikum buchstäblich den Spiegel vorhalten, bleibt es stets unterhaltsam und kein moralischer oder besserwisserischer Zeigefinger wird erhoben. Zum Abschluss gibt jeder der Jüngsten, die vergeblich versucht, ihre Gedanken am Mikrofon unters Volk zu bringen, gute bis unnütze Ratschläge, wie zum Beispiel „Achte nie auf Sonderangebote, es lohnt sich nicht!“ „Nimm keine Drogen, höchstens ein bis zwei Tassen Kaffee!“ Damit schließt sich der Bogen des Theaterspiels.

Jubelnder Applaus folgt für einen erfrischenden, kurzweiligen Theaterabend, bei dem liebevoll und mit feinem Humor unsere kleinen und großen Schwächen aufs Korn genommen wurden.