Frauenpower aus Krefeld

Beate Kandler und Ursel Bernett führen ein orthopädisches Schuhgeschäft.

Krefeld. Ursel Bernett betrachtet den noch nicht fertigen Schuh in ihrer Hand und streicht über den Stoff. Die spätere Form ist schon zu erkennen, auch wenn noch kleine Nadeln den Schaft fixieren. Beate Kandler holt einen anderen Schuh aus dem Regal. Es ist eine rot-braune Harlekinstiefelette — mit Glöckchen an der gebogenen Spitze. Die beiden Powerfrauen sind selbstständig und haben ein orthopädisches Schuhgeschäft an der Grotenburgstraße. Als Frauen im Handwerk haben sie zwar öfter mit Vorurteilen zu kämpfen, aber sie wissen damit umzugehen.

„Es kommen immer mal wieder skeptische Fragen nach dem Motto: Können Sie das wirklich?“, erzählt Beate Kandler. Bei solchen Fragen bleibt sie jedoch ganz gelassen. Sie weiß, was sie und ihre Geschäftspartnerin drauf haben. Sie machen nicht nur orthopädische Schuhe und Einlagen nach Maß und reparieren jegliches Schuhwerk, sondern sie fertigen auch historische Schuhe an.

Eigentlich hat Beate Kandler Bürokauffrau gelernt. „Aber das erfüllte mich nicht so richtig“, erklärt sie. Ihr Vater machte sich zu dieser Zeit mit einem Orthopädie-Schuhgeschäft an der Uerdinger Straße selbstständig. Bei ihm fing sie dann als Schäftemacherin an und blieb im Schuhhandwerk hängen. Heute ist sie orthopädische Schuhmeisterin.

Auch Ursel Bernett kommt eigentlich aus einer anderen Branche. Sie arbeitete nach der Schule als Apothekenhelferin. Durch Zufall wurde sie auf das orthopädische Handwerk aufmerksam. „Mir war von Anfang an klar, dass ich mich selbstständig machen möchte“, erzählt Bernett. Damals war sie eine der ersten Frauen in dem Bereich in Deutschland.

Auf einer Fachfrauenveranstaltung lernten sich die beiden kennen. Ziemlich schnell war klar, dass sie zusammenarbeiten wollen. „Wir ergänzen uns sehr gut“, sagt Bernett. Seit 2003 sind sie beim Unternehmerinnen-Stammtisch in Krefeld dabei.

„Frauen führen anders, sie gründen oft kleiner und werden dann nicht ernst genommen“, erklärt Brigitte Kistermann, Organisatorin des Stammtischs. Seit neun Jahren treffen sich dort regelmäßig Frauen, die sich selbstständig machen möchten, oder den Schritt bereits gewagt haben. Insgesamt haben schon 600 Frauen mitgemacht, ihre Ideen vorgestellt und von Vorträgen zu Themen wie Werbung, Pressearbeit oder Zeitmanagement profitiert.

„Bei uns wird aber nicht nur geplaudert, sondern es geht auch ums Geschäft“, sagt Kistermann, die selbst eine eigene Werbeagentur hat. Frauen hätten oft ein Problem mit der Wertschätzung ihrer Arbeit. „Professionelle Arbeit kostet Geld. Viele Frauen müssen lernen, sich selber als Unternehmerin zu sehen“, so Kistermann. In der Stammtischrunde können sie im geschützten Rahmen ihre Ideen vorstellen und von Fehlern anderer lernen. Mit dabei sind Frauen aus verschiedenen Bereichen und mit einem unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungsstand.

„Es ist immer wieder toll, Frauen zu sehen, die eine neue Idee verfolgen und voller Elan sind. Das gibt einem Kraft“, sagt Ursel Bernett. Auch sie und ihre Partnerin haben schon von den Stammtisch-Kontakten profitiert. So lernten sie dort zum Beispiel ihre heutige Steuerberaterin kennen. Unterstützung beim Netzwerken gibt auch ein internes Branchenbuch. Darüber besteht die Möglichkeit, mit einer Mail über 500 selbstständige Krefelder Frauen zu erreichen.