Leben Gemeindereferentin Jacobs-Sturm: „Gerade im Alter wiegen ungelöste Konflikte schwer“
Die pensionierte Gemeindereferentin Adelheid Jacobs-Sturm entwickelt in einem dreijährigen Projekt ein Konzept für Seelsorge in den Krefelder Caritasheimen.
Krefeld. Seit Jahren hat eine 82-Jährige keinen Kontakt mehr mit ihrer Tochter. Auch ihre Enkel hat die Seniorin, die im Altenheim lebt, schon ewig nicht mehr gesehen. Die Krefelderin belastet der Unfrieden in der Familie schwer. „Ungelöste Konflikte wie diese sind ein großes seelsorgerisches Problem“, sagt Adelheid Jacobs-Sturm, „aber gerade für Menschen, die in Altenheimen leben, wiegen sie besonders schwer.“ Für sie sei die Frage, „wie kann ich mit einem Paket ungelöster Konflikte leben beziehungsweise wie kann ich damit sterben“, erläutert die pensionierte Gemeindereferentin, die zuletzt 15 Jahre als katholische Seelsorgerin am Hülser Krankenhaus arbeitete.
Gefühle von Einsamkeit, die Auseinandersetzung mit dem nahenden Tod, es gibt viele Gründe, warum die Bewohner von Altenheimen seelsorgerische Hilfe suchen. Doch nicht immer ist sie auch zu finden. Diese Lücke will der Caritasverband Krefeld jetzt mit Hilfe von Adelheid Jacobs-Sturm schließen. Die 65-jährige Kliedbrucherin entwickelt im Rahmen eines dreijährigen Projekts ein Seelsorge-Konzept für die sechs Altenheime, die Tagespflege- und die Kurzzeitpflegeeinrichtung der Organisation.
Eigentlich fällt diese spezielle Aufgabe in die Zuständigkeit des Bistums, die sie an die Gemeinden vor Ort weitergegeben hat. „Aber es fällt den Gemeinschaften von Gemeinden immer schwerer, es gibt überhaupt immer weniger Pfarrer und Seelsorger“, sagt Caritas-Chef Hans-Georg Liegener, „und wenn man dann noch sieht, das 80 bis 100 Menschen in einem Heim leben, ist das schwer zu bewältigen.“ Liegener betont dabei allerdings, dass man „niemanden vergraulen wolle“. Die Situation sei von Heim zu Heim sehr unterschiedlich. Es gebe Einrichtungen, in die Pfarrer, Gemeindereferent oder Diakon regelmäßig kämen, „aber eben auch andere, in denen es an Personal mangelt“, so Liegener.
Dabei helfen, dass überall ein seelsorgerisches Angebot aufgebaut oder intensiviert werden kann, soll Jacobs-Sturms Konzept. Beispiele kennt die Krefelderin bereits aus den Bistümern Köln und Münster.
Auch wenn die ehemalige Gemeindereferentin ihre Arbeit bei der Caritas erst im Oktober aufgenommen hat, kristallisiert sich schon jetzt heraus: „Ein wesentlicher Baustein von Seelsorge in Caritasheimen werden Ehrenamtliche sein“, sagt Jacobs-Sturm, die in den ersten Wochen bereits mit rund hundert Menschen in den Caritasheimen gesprochen hat.
Mit Heimleitungen, sozialen Diensten, Pflegediensten, Heimbeiräten, also den Vertretern der Bewohner, und Ehrenamtlergruppen hat sie bereits auf ihrer „Erkundungstour“, wie sie sie nennt, zusammengesessen. In einer nächsten Runde wird sie sich mit allen Verantwortlichen in den Gemeinschaften der Gemeinden zusammensetzen. Jacobs-Sturm möchte nicht „mit einem fertigen Konzept ins Haus kommen, sondern Ideen in Diskussionsform erarbeiten — die Seelsorge wird am Ende sicher in jedem Haus anders sein“.
Für die Hilfe durch Ehrenamtliche, die Jacobs-Sturm in den kommenden Monaten aufbauen helfen möchte, findet sie zwei bis drei Stunden Engagement in der Woche wünschenswert. Es reiche, wenn jeder einzelne Freiwillige an einem Vormittag oder einem Nachmittag in der Woche für die Bewohner ansprechbar sei. Damit die Helfer auf diesen Einsatz vorbereitet seien, kann sich die Konzept-Entwicklerin ein Schulungsmodell vorstellen, das dem des Bistums Köln ähnelt. Dazu gehören die Felder Struktur in Altenheimen, spirituelle Begleitung, Gesprächsführung, Biografiearbeit und Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität. „Wir wollen aber auch niemanden bevormunden. Wenn Ehrenamtliche schon viel mitbringen, zum Beispiel Erfahrung mit Hospizarbeit oder im Pflegebereich haben, reicht das womöglich“, so Jacobs-Sturm.