Kommunalwahl „Investitionen in die Grotenburg halte ich für eine Sackgasse“

Krefeld · Die Juristin Kerstin Jensen tritt am 13. September für die CDU an und will Frank Meyer als OB ablösen.

Überzeugungsarbeit: CDU-Kandidatin Kerstin Jensen im Wahlkampf auf dem Marienplatz in Fischeln.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Marienplatz in Fischeln. Es ist Donnerstagmorgen, Wochenmarkt. Wo sonst eher gähnende Leere herrscht, sind viele Menschen unterwegs. Sie kaufen ein, bleiben stehen, plaudern. Ein guter Platz, um Wahlkampf zu machen. Das hat sich auch die CDU gedacht und zeigt mit ihrer Spitzenkandidatin Präsenz. Kerstin Jensen will als erste Frau Oberbürgermeisterin von Krefeld werden.

„Stimmt, ich bin nicht so bekannt wie Frank Meyer, aber die Aufmerksamkeit nimmt zu, die Leute sprechen mich auf der Straße oder im Park an“, erzählt Jensen. Trotzdem bleibt die CDU-Gruppe an diesem Donnerstagmorgen meist unter sich. Gespräche mit Passanten sind die Ausnahme, aber es gibt sie. Eine ältere Dame beschwert sich über die mangelhafte Hygiene auf einer Station im Helios-Klinikum. Jensen hört zu, macht aber deutlich, dass sie da nichts machen könne, selbst wenn sie Chefin im Rathaus wäre. Bei den wilden Müllkippen rund um die Wertstoffcontainer sieht das anders aus. Mehrere Bürger beschweren sich darüber. Jensen nimmt die Hinweise auf.

„Ich bin nicht für die Bühne gemacht“, sagt die Bewerberin

Szenenwechsel. Treffen mit der Bewerberin in ihrer Kanzlei an der Moltkestraße. Jensen, die am 12. August 53 Jahre alt wird, ist Fachanwältin für Familien- und Arbeitsrecht. Sie wirkt konzentriert, strahlt Selbstbewusstsein aus. Der direkte Austausch mit Menschen liegt ihr. Anders als der große Auftritt vor Publikum. Nicht wenige waren von ihrer Rede bei der Kandidatenkür im Stadtwaldhaus Anfang Juni enttäuscht. Begeisterung vermochte sie nicht zu entfachen.

„Ich bin nicht für die Bühne gemacht“, räumt die verheiratete Mutter von zwei erwachsenen Söhnen ein. „Aber Angela Merkel ist auch keine mitreißende Rednerin“, meint Jensen. Und schiebt gleich hinterher, dass sie sich natürlich nicht mit der Kanzlerin vergleichen wolle. „Ich stehe für solide, seriöse Arbeit. Diese Fähigkeit ist mir lieber als rhetorische Brillanz.“

Dass sie gegen den wortgewandten Frank Meyer, Amtsinhaber von der SPD, angeblich keine Chance hat, kann und darf Jensen nicht gelten lassen. „Klar, ich bin Außenseiterin, aber auch die können gewinnen“, sagt sie fast ein wenig trotzig. Jensens Problem ist, dass Meyer nicht viele Angriffspunkte bietet. Faktisch hat es seit dem Wahlsieg der Sozialdemokraten 2015 im Rat eine große Koalition gegeben. Zentrale Projekte wie Haushaltssanierung, Kita-Ausbau und Schulsanierung wurden von SPD und CDU gemeinsam gestemmt. „Die CDU hat sich im Sinne Krefelds nicht verweigert, aber der Glanz fällt auf Meyer“, analysiert Jensen.

Ansatzpunkte für eine andere Politik sieht sie dennoch. „Krefeld ist kein Luftkurort, sondern ein Standort für Industrie mit viel zu hoher Arbeitslosigkeit. Wir müssen die Willkommenskultur für Unternehmen verbessern, müssen den Rahmen für Beschäftigung schaffen. Es ist falsch, dass der Dezernent für Wirtschaft keinen eigenen Geschäftsbereich hat“, sagt Jensen. Und legt sofort nach. Krefeld brauche kein neues Technisches Rathaus. Und schon gar nicht auf dem Theaterplatz. „Ich sehe dort eine Veranstaltungshalle und ein Hotel. Die Bebauung gehört an den Ostwall und an die St.-Anton-Straße. Damit öffnen wir den Platz zur Innenstadt.“

In den sozialen Netzwerken sieht sich die CDU-Frau gut unterwegs

Jensen kommt jetzt richtig in Fahrt. Bei der Grotenburg habe Meyer alles falsch gemacht. Als Oberbürgermeisterin hätte sie sich für den Abriss des Stadions eingesetzt. Das Gelände ließe sich vom Zoo und für Wohnungen viel besser nutzen. „Ich hätte mit privatem Geld an der A44 ein neues Stadion gebaut, das auch dann funktioniert, wenn der KFC aufsteigt.“ Jensen hält Investitionen in die Grotenburg für eine Sackgasse. „Krefeld macht sich lächerlich, wenn der KFC in die 2. Liga aufsteigt und dann nicht in einem für viel Geld sanierten Stadion spielen darf.“

 Dass sie zu wenig macht, um in der Stadt bekannter zu werden, akzeptiert die Kandidatin nicht. Wahlkampf sei in Corona-Zeiten nun mal schwierig. In den sozialen Netzwerken seien sie und ihr Team gut unterwegs. Manche in der Stadt kennen Jensen als Vorsitzende des Arbeitskreises Krefelder Frauen, der die Ferienspiele ohne Ranzen auf der Stadtwaldwiese durchführt, wenn nicht gerade Corona das Leben der Menschen durcheinanderwirbelt. Dass Jensen in der Stadt gut vernetzt ist, werden wohl trotzdem nicht viele Krefelder behaupten.

Auf ihre FDP-Vergangenheit angesprochen, reagiert die Juristin gelassen. 2010 wollte Jensen für die Liberalen mit Krefelder Wahlkreis in den NRW-Landtag einziehen. Das misslang. 2011 wechselte sie in die CDU. „Die FDP war nicht die falsche Partei, aber in der CDU bin ich besser aufgehoben“, sagt sie. „Christliche Werte sind mir wichtig.“ Viele Ideen der Grünen seien ihr auch sehr nah. „Ich habe schon als Studentin im Bio-Laden eingekauft und war Fördermitglied bei Greenpeace.“

Zurück auf den Marienplatz in Fischeln. Am CDU-Stand ist es ziemlich warm geworden. Die Gespräche drehen sich um zu viel Verkehr auf der Kölner Straße und das Neubaugebiet im Südwesten der Stadt. Jensen verteidigt das Projekt. Krefeld brauche solche Angebote, um junge Familien nach Krefeld zu holen. „Ich stehe für eine Vielfalt an Wohnformen, dazu gehört auch das Einfamilienhaus.“