Drohende Insolvenz beim KFC Jörg Wieczorek: „Wir sind keine Opposition, wir sind die Option“

Exklusiv | Krefeld · Er war Hauptsponsor beim KFC und ist jetzt Kopf einer Gruppe, die den Klub in bessere Zeiten führen will. Der WZ erklärt er, wie er die Situation beim Fußball-Regionalligisten einschätzt und wie es weitergehen könnte.

Der Plan ist geschmiedet und wartet auf Umsetzung.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Er ist Krefelder, er ist Fußballfan und er hat und will sich weiter engagieren beim KFC Uerdingen. Mit der Marke Biolectra hatte Jörg Wieczorek, Manager in der Pharma-Industrie, einst die Trikotbrust der Spieler ausgestattet und damit einen wesentlichen finanziellen Beitrag zum Sponsoring beigetragen. Mit dem Vertrag, den der einstige KFC-Vorsitzende Damian Raths mit dasbob ausgehandelte hatte, begannen jedoch die jüngsten Verwerfungen beim KFC und auch die Irritationen in der Zusammenarbeit mit Wieczorek. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt Wieczorek ein Bekenntnis zum KFC ab, stellt ein Engagement in Aussicht und kann sich eine Kandidatur für den Verwaltungsrat vorstellen.

Das Motiv

„Ich kenne noch die alte Tribüne in der Grotenburg. Seit den 70-er Jahren gehe ich ins Stadion: Zuerst mit meinen Eltern, später alleine und mit Freunden. Seinen Verein sucht man sich nicht aus, da wird man hineingeboren. Ich war 1985 beim Pokalfinale und 1986 beim Spiel gegen Dynamo Dresden. Ich lebe zwar seit 31 Jahren nicht mehr in Krefeld, bin aber häufig hier und gehe dann immer zum Spiel. Ich war lange Mitglied im Fanclub Blaurot und habe den Fan-Club Queens mitgegründet. Auch im Fan-Club Alte Blaurote Freunde war ich bis vor kurzem Mitglied. Als 2021 die Insolvenz war, habe ich aus einer Urlaubslaune heraus den Vorsitzenden Damian Raths angerufen und bin schließlich Hauptsponsor geworden. Wir waren auf einem guten Weg, bis beim Verein Brutto und Netto verwechselt wurde, keine Beiträge an die Berufsgenossenschaften und auch andere Dinge nicht bezahlt wurden. Damit fing das Drama an, das im Prinzip bis heute anhält. Die vergangenen Wochen waren so wild, dass ich seit zwei Monaten Tagebuch schreibe. Eigentlich müsste man daraus eine TV-Serie drehen, weil das, was beim KFC passiert, kann man sich gar nicht ausdenken.“

Der Krefelder Hof ist ein besonderer Ort für Jörg Wieczorek – gegenüber ist er aufgewachsen, als Sponsor mit Biolectra hielt er die Pressekonferenz dort ab und traf sich jetzt mit unserer Zeitung in Krefelds guter Stube.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Die Mitstreiter

„Ich bin vor ein paar Monaten angesprochen worden, ob ich nicht in den Vorstand gehen würde. Ich habe das abgelehnt, auch weil ich in München wohne und von hier keinen direkten Einfluss auf das operative Geschäft hätte. Mitglieder des Vorstandes müssen vor Ort präsent sein. Es hieß dann aber immer öfter, wenn du etwas machst, kann ich mir auch vorstellen, da mitzumachen. Nach ersten Gesprächen mit Herrn Eser und Herrn Platzer stand für mich fest, dass es keine Zusammenarbeit geben kann, zu unterschiedlich waren die Konzepte. Zudem hat es auch menschlich nicht gepasst. Es entstand aber die Idee, ein Team aufzubauen, ich würde mich darin als Vorsitzender des Verwaltungsrates engagieren. Auch im Verwaltungsrat ist man nah dran, kann seine Amtsgeschäfte aber auch zu einem großen Teil aus der Ferne erledigen. Wir haben jetzt eine sehr gute Mannschaft aus 15 bis 20 Personen zusammengestellt, alles hoch qualifizierte, ehrenvolle Menschen, die in Krefeld einen Namen haben und denen man vertraut. Geplant ist eine korrekte und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat und Vorstand. Eine solche Initiative gab es seit drei Jahrzehnten nicht mehr beim KFC. Schon jetzt ist in Gesprächen mit Sponsoren und weiteren Personen aus der Stadtgesellschaft zu spüren, dass man uns vertraut und Hoffnung sich breitmacht. In dem Team sind zahlreiche Experten vertreten: Drei Bänker, davon zwei Vorstände in ihren jeweiligen Banken, ein Rechtsanwalt, Unternehmer sowie Marketing- und Kommunikationsexperten. Namentlich kann ich Rechtsanwalt Eberhard Stock nennen, der Insolvenzverwalter bei den Pleiten des KFC 2003 und 2005 war, Marketing-Strategin Yvonne Zell, Unternehmer Tim Bönders des gleichnamigen Logistik-Unternehmens und Kommunikations-Experte Manuel Kölker. Dass wir noch nicht alle Namen nennen, hat nichts mit der vielfach geäußerten Hinterzimmerpolitik zu tun, sondern hat verschiedene Gründe. So ist es zum Beispiel den erwähnten Bänkern im laufenden vorläufigen Insolvenzverfahren aus rechtlichen Gründen nicht möglich, in Erscheinung zu treten. Alle drei haben aber ihre Zusage gegeben, dass sie im Falle der Insolvenz sich offiziell vorstellen werden. Wir haben mit dem Team jede Woche ein, zwei Meetings und ein Konzept aufgestellt, wie wir den Verein langfristig, unabhängig von irgendwelchen Einzelpersonen, breit aufstellen wollen. Der KFC wird immer ein emotionaler Verein sein, doch nur Emotionen bringen uns nicht ans Ziel.“

Die Strategie

„Wir haben ein Drei-Säulen-Modell entwickelt mit der Jugendarbeit als Fundament. Sie ist leider seit 20 Jahren beim KFC nicht mehr bearbeitet worden. Ohne Jugendarbeit wird es nicht gehen, weswegen die Positionen Jugend und Sport in unserem Plan auch im Verwaltungsrat und Vorstand vorgesehen sind. Darauf haben wir die drei Säulen Struktur, Finanzen und Sport gesetzt, bewusst in dieser Reihenfolge. Nur wenn die Struktur und die Finanzen stimmen, kann es auch im Sport klappen. Wir können nicht den sportlichen Erfolg bedingungslos an erster Stelle setzen. Wir reden daher auch nicht blauäugig von der 2. Liga oder der 3. Liga, sondern müssen uns erst einmal in Demut üben, um wieder in die Stadt hinein, in Richtung Fans, Mitglieder, Stadtgesellschaft, Jugend und Sponsoren zu wirken. Die Verantwortlichen des KFC haben ja wirklich alle, alle verärgert und absolut kein Standing in der Stadt. Es geht deswegen gar nicht um einen Neuanfang, sondern um eine Neuerfindung des Vereins. Wir müssen aber nicht nur die Gremien professionell besetzen, sondern auch das Thema Satzung angehen. Dazu braucht man eine Gruppe besetzt mit Fans, mit Mitgliedern, mit Menschen, die sich in solchen Sachen auskennen und daran in Ruhe arbeiten. Einer der Missstände in der Satzung ist die Position des Verwaltungsrates, der aktuell ein zahnloser Tiger ist. Er hat mehrfach den Vorstand aufgefordert, Daten und Fakten zu liefern, Informationen, Verträge. Wenn der Vorstand das aber nicht tut, hat der Verwaltungsrat keine Handhabe. Der Vorstand hat den Verwaltungsrat am langen Arm verhungern lassen. Unser Vorhaben sieht auch vor, neben Verwaltungsrat und Vorstand verschiedene Ausschüsse zu haben. Ein weiteres Thema ist ein Wirtschaftsrat, in dem wir alle Sponsoren, und wir sind gerade mit 30, 40 Firmen in guten Gesprächen, regelmäßig treffen.“

Die Insolvenz und Zukunftsperspektive

„Der Verein war vor Monaten, wenn nicht sogar vor einem Jahr, schon pleite. Es gab sogar schon Insolvenz-Anträge, die aus Formgründen nicht durchgekommen sind. Und das gipfelte dann darin, dass am Anfang der Saison 80 000 Euro fehlten, die Herr Eser schließlich gezahlt hat. Im Gegenzug erhielt er einen Vertrag, der ihm keine Pflichten, aber alle Rechte an Marketing, Sponsoring und Catering zubilligt. Kein einziger Euro ist jedoch beim KFC aus Marketing und Sponsoring angekommen. Eine Insolvenz will natürlich niemand, ich bin auch kein Freund davon. Aber jetzt bietet sich die Chance, den Verein neu aufzustellen. Wenn Herr Eser nun aber kommt und die notwendigen zwei Millionen zahlt: Wunderbar, auch wenn damit ja noch rein gar nichts für die Zukunft getan ist. Dann ist unser Team aber außen vor und wir freuen uns, dass wir nur zum Fußball gehen, auch wenn wir doch eigentlich alle wissen, wie die Reise weitergehen wird. Aber wenn die Insolvenz kommt, wovon wir ausgehen, dann stehen wir bereit. Wir sind keine Opposition, wir sind die Option. Die Wahrscheinlichkeit, dass man durch die Insolvenz mit neun Punkten Abzug den Klassenerhalt nicht schafft, sehen auch wir. Das ist schade, denn jeder will in der Regionalliga spielen, was auch unser Ziel ist. Und nach vielen Gesprächen mit möglichen Sponsoren sind wir zuversichtlich, das auch zu realisieren. Wenn die Strukturen und die Finanzen stimmen und es gelingt, mehr Sponsoren-Einnahmen als geplant einzunehmen, erst dann kann auch mehr in den Kader investiert werden, und nicht andersherum. Unsere Botschaft ist, dass selbst wenn die Karre jetzt wirklich in den Dreck gefahren wurde, mit uns der Verein weiterleben wird. Der Verein, der KFC, ist nicht tot.“