Mobilitätskonzept BUND fordert Gleichberechtigung im Verkehr

Krefeld · Im Vorfeld einer Ideenwerkstatt zum Krefelder Mobilitätskonzept 2030+ richtet Karin Mast das Augenmerk auf Rechte von Radlern und Fußgängern.

Hier fehlt der Platz: Ein deutlich sichtbares Rad-Problem auf der Mittelinsel der Untergath – fotografiert von Andreas Domanski vom ADFC Krefeld.

Foto: Domanski

Wer derzeit in Krefeld unterwegs ist und sich durch den täglichen Verkehrswahnsinn quält, der mag es kaum glauben: In zehn Jahren soll das Auto in einer „Stadt der kurzen Wege“ nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Mit Bussen, Bahnen und Fahrrädern, so die Idee, ist das Fortkommen dann viel einfacher. Festgelegt worden ist diese Marschrichtung schon im Leitbild für das Mobilitätskonzept 2030+, das richtungsweisend für die zukünftige Verkehrsplanung in Krefeld sein wird. Besagtes Leitbild, das Ende des vergangenen Jahres verabschiedet worden ist, war aber nur die erste Stufe des Konzeptes. Konkrete Maßnahmen sollen erst jetzt entwickelt werden. Los geht es damit am Samstag, 18. Januar, 14 bis 18.30 Uhr, mit einer Ideenwerkstatt in den Räumen der Stadtwerke an der St. Töniser Straße.

Karin Mast vom Vorstand des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Krefeld wird an der Veranstaltung nicht teilnehmen können. „Wir werden aber durch Angelika Horster vertreten sein“, versichert sie. Sie selbst wäre auch gerne dabei, denn mit dem bisher vorliegenden Leitbild ist sie mit Blick auf die tägliche Realität auf Krefelds Straßen nicht glücklich.

Fußgänger sollen die gleichen Rechte wie Autofahrer haben

„Laut Präambel des Mobilitätskonzeptes gilt für alle Formen der Mobilität zukünftig Gleichberechtigung – was immer man darunter versteht“, sagt sie. Es sei zwar eine gute Absicht, alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt zu behandeln, doch aus Sicht des BUND müssten sich die Prioritäten an den schwächsten Verkehrsteilnehmern ausrichten. „Und gleichberechtigte Prioritäten, von denen dort die Rede ist, sind in sich schon ein Widerspruch“, sagt Karin Mast.

Die moderne Stadtplanung müsse von außen nach innen erfolgen. Fußgänger müssten dabei die gleichen Rechte genießen wie Autofahrer. Doch wer derzeit in Krefeld unterwegs sei, habe einen anderen Eindruck. Ein Beispiel: Sie selbst ist erst kürzlich von der Straßenbahn-Haltestelle Königshof aus mit ihrem Trolley parallel zur Untergath zu einem Baumarkt gelaufen. Als Fußgängerin sei sie dabei schon fast an der Aufgabe gescheitert, mit einer (kurzen) Grünphase die Straße zu überqueren. Und Andreas Domanski vom ADFC habe die Erfahrung gemacht, dass die schmale Mittelinsel dort kaum Platz für jemanden mit Fahrrad biete. Wenn die Autos nun mit den seit kurzem zugelassenen 70 Kilometern in der Stunde vorbei brausten, „steigert das die Ängstlichkeit bei den stehen gebliebenen Fußgängern“. Bei der Tempo-Umstellung, die der BUND ohnehin kritisch sieht, habe die Stadt die Fußgänger offenbar nicht auf dem Schirm gehabt – für Mast ein gutes Beispiel für die derzeit fehlende Gleichberechtigung.

Auf der BUND-Facebook-Seite „Mobilität in Krefeld und anderswo“ hat sie das Problem bereits zur Diskussion gestellt. „Die Stadt hat schon reagiert und es an den Kommunalbetrieb weitergegeben“, berichtet sie. Eine schnellstmögliche Anpassung der Ampelschaltungen sei notwendig. Auch wäre es aus ihrer Sicht sinnvoll, an den Fußgängerampeln der Stadt generell eine Gelb-Phase einzuführen, denn „ältere Menschen kriegen Angst, wenn die Ampel plötzlich auf Rot springt“.

Für Andreas Domanski und seine ADFC-Kollgen ist klar: „Wir brauchen mehr Platz fürs Rad und mehr Platz für Fußgänger.“ Wenn dafür keine Häuser abgerissen werden sollen, könne dieser zusätzliche Platz nur durch Umwandlung von Flächen gewonnen werden, die heute von Autos genutzt werden. „Es gilt auch, Ideen zu entwickeln, die mehr Menschen zum Umstieg vom Auto aufs Fahrrad motivieren. Davon würden auch diejenigen profitieren, die die das Auto nicht nur aus reiner Bequemlichkeit nutzen, sondern tatsächlich darauf angewiesen sind.“

Für die Ideenwerkstatt hat der ADFC einige Vorschläge im Gepäck. Darunter beispielsweise Qualitätskriterien für Fahrradstraßen, die Ertüchtigung der Krefelder Radachsen für eine bessere Anbindung der Stadtteile und innovative Dienstleistungen rund ums Rad. Domanski: „In den vorangegangenen Veranstaltungen gab es einige neue Vorschläge zum Thema bike and ride, also zur besseren Verknüpfung von ÖPNV und Fahrradverkehr. Diese Ideen müssen wir weiter ausarbeiten.“ Man werde sich aber auch der Diskussion mit Befürwortern von weiteren Umgehungsstraßen stellen.

Der BUND setzt sich in Kürze mit dem Handelsverbandes zusammen. Man wolle dessen Vertretern verdeutlichen, dass durch einen verstärkten Verzicht aufs Auto nicht weniger Kunden kämen, berichtet Karin Mast. „Das Gegenteil wäre der Fall.“

Für einen Ausbau des Netzes von Bussen und Bahnen in der Stadt setzen sich derweil die Grünen ein. In einer Pressemitteilung im Vorfeld der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Mobilität am 22. Januar machen sie darauf aufmerksam, dass die Kommunen ab sofort mit hohen Zuschüssen von Bund und Land für solche Projekte rechnen könnten. Krefeld müsse solche endlich auf dem Tisch legen, so Ratsfrau Ana Sanz. „Die Verlängerung der Straßenbahnlinie 044 vom Steeger Dyk bis zum Bahnhof Hüls oder die Verlängerung der Linie 042 nach Willich liegen seit Jahren in den Schubladen.“