Der Vetter aus Dingsda an der Grenze zum Überdrehten

„Der Vetter aus Dingsda“ kommt märchenhaft daher – mit satirisch-komischen Zügen.

Krefeld. Eine seichte Geschichte bildet die Handlung von Eduard Künnekes "Der Vetter aus Dingsda": Die junge Adelige Julia de Weert lebt auf einem abgelegenen Schloss und schmachtet nach ihrem Vetter Roderich, der seit sieben Jahren in Indien weilt. Bevor er in dieses unvorstellbar weit entfernte "Dingsda" aufgebrochen ist, hat er ihr ewige Treue geschworen.

Als ein charmanter Fremder erscheint, nehmen die Verwicklungen ihren Lauf. Um Julias Liebe zu gewinnen, gibt der Fremde sich als der ersehnte Roderich aus. Die Täuschung wird aufgedeckt, Julia ist enttäuscht und erst als ganz zum Schluss der echte Roderich auftaucht, erkennt Julia, dass sie all die Jahre nur ein Phantom geliebt hat. Jetzt kann sie sich dem Fremden zuwenden, der ein anderer Vetter von ihr ist. Eine Geschichte wie im Märchen.

Die 1921 in Berlin uraufgeführte Operette feierte jetzt im Krefelder TaZ (Theater auf Zeit) eine erfolgreiche Premiere. Regisseur Reinhardt Friese setzt in seiner Inszenierung den Schwerpunkt auf die komisch-satirischen Züge des Stücks, ohne auch die märchenhaft-sentimentalen Anklänge außer Acht zu lassen.

In dem aus lauter Türen bestehenden witzigen Bühnenbild (Diana Pähler) schnurrt die Handlung nach bester Boulevard-Manier (Tür auf, Tür zu) ab.

Darüber hinaus bekommen die Türen manchmal Beine, verwandeln sich in einen Tisch oder in ein Bett - Bühnenzauber, der als solcher auch sichtbar gemacht wird.

Das Ensemble agiert in dieser skurrilen Märchenwelt nicht nur stimmlich auf hohem Niveau, sondern auch mit vollem Körpereinsatz. Bis zum glücklichen Ende wird viel getanzt, gesprungen und geklettert. Diese Dynamik findet auch in Künnekes Musik eine Entsprechung. Mit Tango, Foxtrott und Onestep sind viele der damals populären Tanzrhythmen verarbeitet.

Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Philip van Buren bringen Ohrwürmer wie "Strahlender Mond" oder "Sieben Jahr lebt’ ich in Batavia" in einer schwungvoll-sentimentalen Mischung zu Gehör.

Die Kostüme von Annette Mahlendorf beschwören einerseits die mondänen zwanziger Jahre herauf, unterstreichen auch die skurrilen Charaktere.

An der Grenze zum Überdrehten agieren teilweise die Darsteller. Isabelle Razawi ist eine sehr damenhafte Julia, Susanne Seefing ein bezaubernd quirliges Hannchen. Hans-Jürgen Schöpflin verleiht dem geheimnisvollen Fremden viel jungenhaften Charme, Markus Heinrich macht aus dem verschmähten Verehrer Egon eine einzige Lachnummer.

Christoph Erpenbeck und Uta Christina Georg übertreiben als Julias gefräßige Verwandtschaft tüchtig. Luis Lay als stepptanzender Sunnyboy Roderich lockert den gegen Ende etwas zäh werdenden Abend noch mal angenehm auf.

Insgesamt trotz der zweieinhalbstündigen Dauer ein unterhaltsamer Abend, der an der einen oder anderen Stelle noch eine Straffung vertragen hätte. Es gibt viel Applaus.